Studie

Wahrheit als Abwehr - Warum Menschen auf Fakten mit Rückzug reagieren und ihre Meinung zur Wahrheit erklären

Autor
Brand Science Institute
Veröffentlicht
12. April 2025
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1. Einleitung

In gesellschaftlichen Debatten lässt sich zunehmend ein paradoxes Phänomen beobachten: Obwohl Informationen jederzeit verfügbar sind, scheinen gesicherte Fakten immer seltener zu überzeugen. Stattdessen gewinnen individuelle Meinungen an Absolutheitsanspruch – unabhängig von ihrer faktischen Fundierung. Menschen reagieren auf gegenteilige Argumente nicht selten mit Rückzug, Abwehr oder gar aggressiver Zurückweisung. Der offene, faktenbasierte Diskurs wird dadurch in vielen gesellschaftlichen Bereichen zunehmend erschwert.

Diese Entwicklung äußert sich in unterschiedlichen Formen: Faktenresistenz, also die bewusste oder unbewusste Ablehnung von empirisch belegbaren Informationen; Meinungsabsolutismus, bei dem subjektive Überzeugungen zur einzig gültigen Wahrheit erhoben werden; und Diskursverweigerung, also der emotionale oder kommunikative Rückzug aus Gesprächen, sobald widersprüchliche Perspektiven auftauchen. In sozialen Medien zeigt sich dies in Form von Kommentarbegrenzung, selektiver Interaktion oder dem Blockieren Andersdenkender. Auch im zwischenmenschlichen Alltag sind solche Muster zunehmend erkennbar.

Die gesellschaftliche Relevanz dieser Entwicklungen ist tiefgreifend. Sie betrifft nicht nur die Qualität öffentlicher Debatten, sondern berührt grundlegende Fragen des demokratischen Zusammenlebens: Was verbindet eine Gesellschaft, wenn nicht mehr gemeinsame Wirklichkeitsannahmen gelten? Was geschieht, wenn individuelle Gefühle und Meinungen eine höhere Gültigkeit beanspruchen als überprüfbare Fakten? Und wie können Institutionen, Medien und Bildungssysteme darauf reagieren, wenn Rationalität nicht mehr als verbindlich anerkannt wird?

Dieser Beitrag verfolgt das Ziel, diese Tendenzen nicht primär als intellektuelles oder bildungspolitisches Problem zu deuten, sondern sie aus einer psychodynamischen Perspektive zu analysieren. Im Mittelpunkt steht die Annahme, dass der Rückzug vor Fakten und die Aufwertung eigener Meinungen zur „Wahrheit“ tief in unbewussten psychischen Schutzmechanismen wurzeln. Die Ablehnung von Fakten erscheint dann nicht als rationaler Fehlschluss, sondern als emotional begründeter Selbstschutz. Wer widersprechende Informationen abwehrt, verteidigt oft nicht bloß seine Meinung – sondern seine psychische Stabilität.

Der folgende Beitrag beleuchtet diese Dynamiken aus psychologischer, psychoanalytischer und soziologischer Perspektive. Ziel ist es, ein tieferes Verständnis für die psychischen Realitäten zu schaffen, die unsere Kommunikationskultur zunehmend prägen – und möglicherweise auch transformieren.

2. Begriffsklärung: Fakten, Wahrheit, Meinung

Um die Dynamik postfaktischer Kommunikation tiefenpsychologisch erfassen zu können, bedarf es einer präzisen begrifflichen Differenzierung zwischen Fakten, Wahrheit und Meinung. Diese drei Kategorien werden im öffentlichen Diskurs zunehmend verwechselt oder bewusst vermischt. Doch ihre genaue Abgrenzung ist zentral, um zu verstehen, wie individuelle psychische Realitäten entstehen, sich gegen Korrektur immunisieren – und in der Folge zu kollektiver Irrationalität führen können.

2.1 Fakten – empirisch überprüfbare Aussagen über die Realität

Fakten bezeichnen Informationen, deren Wahrheitsgehalt auf empirischem Weg objektiv überprüfbar ist. Im wissenschaftstheoretischen Sinne handelt es sich bei Fakten um beobachtbare, intersubjektiv nachvollziehbare Ereignisse oder Zustände, die unabhängig von subjektivem Empfinden bestehen. Sie werden durch Messung, Beobachtung oder Dokumentation gewonnen, validiert und im Idealfall reproduzierbar gemacht (vgl. Popper, 1934; Carnap, 1936).

In erkenntnistheoretischer Perspektive sind Fakten Teil einer korrespondenztheoretischen Wahrheit, also Aussagen, die mit der objektiv erfassbaren Welt „korrespondieren“. Beispielhafte Fakten wären etwa: „Wasser siedet bei 100 Grad Celsius auf Meereshöhe“, „Die Bundestagswahl fand am 26. September 2021 statt“ oder „Das Bruttoinlandsprodukt betrug im Jahr 2023 X Euro“.

Allerdings ist selbst der Begriff „Fakt“ nicht gänzlich neutral: Schon im 20. Jahrhundert betonten Wissenschaftssoziologen wie Bruno Latour und Michel Foucault, dass Fakten immer auch sozial konstruierte Einheiten sind, eingebettet in Kontexte von Macht, Diskurs und Deutungshoheit. Dennoch gilt: In einem demokratischen und aufgeklärten Diskurs bleibt die Anerkennung empirischer Fakten Grundlage für Verständigung und Konfliktbearbeitung.

2.2 Wahrheit – subjektive Kohärenz vs. objektive Korrespondenz

Der Begriff der Wahrheit ist komplexer als jener des Faktums und seit der Antike Gegenstand erkenntnistheoretischer Kontroversen. Für die vorliegende Analyse sind zwei Perspektiven zentral:

  • Korrespondenztheoretische Wahrheit (Aristoteles, Tarski): Wahrheit liegt dann vor, wenn eine Aussage mit einem Sachverhalt in der Realität übereinstimmt.
  • Kohärenztheoretische Wahrheit (Hegel, Bradley, Rescher): Wahrheit ist das, was sich stimmig in ein bereits bestehendes System von Überzeugungen einfügt.

In psychologischer Perspektive – insbesondere in der Psychoanalyse sowie in kognitiven Konsistenztheorien – dominiert ein subjektives Wahrheitsverständnis: Dasjenige wird als „wahr“ erlebt, was mit dem inneren Weltbild des Subjekts kohärent ist (vgl. Festinger, 1957; Bion, 1962). Wahrheit wird damit zu einer emotional regulierenden Konstruktion, die zur psychischen Stabilisierung dient.

Diese Form von „Wahrheit“ hat mit objektiven Fakten oft nur noch am Rande zu tun. Sie basiert auf emotionaler Stimmigkeit, Identitätsbedürfnissen und unbewussten Wunschbesetzungen. Der Anspruch „Das ist meine Wahrheit“ verweist auf eine psychische Notwendigkeit: Die Sicherung innerer Ordnung angesichts einer potenziell überfordernden äußeren Realität.

2.3 Meinung – affektiv getönte Interpretation mit Identitätsfunktion

Meinungen sind subjektive, oft emotional gefärbte Einschätzungen, Bewertungen oder Überzeugungen zu bestimmten Sachverhalten. Sie beruhen in der Regel auf individuellen Erfahrungen, affektiven Prägungen, sozialen Milieus oder kognitiven Heuristiken. Im Gegensatz zu Fakten beanspruchen Meinungen keine objektive Überprüfbarkeit, sondern reflektieren die Perspektive eines Subjekts auf die Welt.

In der politischen Philosophie (vgl. Arendt, 1958) und in der deliberativen Demokratietheorie (vgl. Habermas, 1981) gilt Meinungspluralismus als konstitutives Element demokratischer Öffentlichkeit. Meinungen dürfen sich widersprechen – und müssen es sogar –, sofern sie auf einem gemeinsamen Fundament von Fakten und Wahrheitsorientierung beruhen.

Problematisch wird es jedoch, wenn Meinungen ihren subjektiven Charakter verlieren und zur emotional unantastbaren Wahrheit erhoben werden. In solchen Fällen wird Kritik an der Meinung nicht mehr als Beitrag zum Diskurs verstanden, sondern als persönlicher Angriff, der Abwehr oder Rückzug provoziert. Meinung wird dann zur Identitätsfestung, gegen deren Infragestellung sich das Subjekt psychisch verteidigen muss.

2.4 Spannungsfeld: Wenn Meinung zur inneren Wahrheit wird und Fakten als Bedrohung erlebt werden

Die gegenwärtige Kommunikationskultur ist durch eine zunehmende Verlagerung von Erkenntnis- zu Identitätskommunikation gekennzeichnet. Meinungen fungieren nicht mehr nur als Perspektiven, sondern werden zum Ausdruck der eigenen psychischen Ordnung. Wer diese Meinung infrage stellt – etwa durch widersprechende Fakten – greift nicht nur eine Aussage an, sondern unterminiert die emotionale Selbstkonsistenz des Gegenübers.

In psychodynamischer Perspektive (vgl. Freud, 1926; Winnicott, 1965) führt dies zu klassischen Abwehrreaktionen: Projektion, Verleugnung, Rationalisierung, Spaltung oder narzisstische Abwehr. Der Diskursraum wird nicht verlassen, weil Argumente fehlen, sondern weil die emotionale Integrität des Subjekts gefährdet ist. Fakten werden nicht ignoriert, weil sie unlogisch wären – sondern weil sie psychisch unzumutbar erscheinen.

Diese Dynamik beschreibt den Kern des Phänomens, das dieser Beitrag analysiert: Wahrheit als Abwehrreaktion auf psychische Überforderung. In einer Zeit globaler Unsicherheit, digitaler Informationsüberflutung und individueller Erschöpfung wird das Bedürfnis nach innerer Stimmigkeit stärker als das nach objektiver Richtigkeit.

3. Psychodynamische Grundlagen

Um zu verstehen, warum Menschen auf widersprüchliche Fakten nicht mit Offenheit, sondern mit Rückzug, Abwehr oder aggressiver Zurückweisung reagieren, ist eine rein kognitive oder kommunikationstheoretische Analyse unzureichend. Erst die psychodynamische Perspektive ermöglicht ein tieferes Verständnis jener unbewussten Prozesse, die die Beziehung zwischen dem Subjekt und der Wirklichkeit strukturieren.

Im Zentrum dieser Analyse stehen drei komplementäre Konzepte: kognitive Dissonanz, Abwehrmechanismen und narzisstische Stabilisierung. Diese Konzepte beschreiben zentrale intrapsychische Vorgänge, die es dem Individuum ermöglichen, mit widersprüchlichen Informationen umzugehen, ohne das eigene Selbstbild zu destabilisieren.

3.1 Kognitive Dissonanz – Das psychische Unbehagen an widersprüchlicher Realität

(vgl. Festinger, 1957)

Das Konzept der kognitiven Dissonanz beschreibt das psychische Unbehagen, das entsteht, wenn eine Person mit Informationen konfrontiert wird, die im Widerspruch zu ihren bestehenden Überzeugungen, Einstellungen oder Handlungen stehen. Dieses Spannungsgefühl ist emotional aversiv und aktiviert den Wunsch, die Dissonanz aufzulösen.

Nach Festinger erfolgt die Dissonanzreduktion bevorzugt über psychisch ökonomische Wege, zum Beispiel:

  • die Abwertung der neuen Information („Die Quelle ist unglaubwürdig“),
  • die selektive Wahrnehmung („Das gilt nicht in meinem Fall“) oder
  • die Umbewertung der eigenen Haltung – allerdings deutlich seltener.

Besonders relevant ist: Die Struktur des Selbstbildes spielt bei der Bewertung der Dissonanz eine zentrale Rolle. Ist die fragliche Meinung affektiv tief im Selbst verankert, wird die widersprechende Information nicht integriert, sondern umgedeutet, entwertet oder verdrängt. So verändert nicht das Faktum das Weltbild – sondern das Weltbild deformiert die Wahrnehmung des Faktums.

Diese Mechanik ist entscheidend für die Analyse postfaktischer Kommunikation: Fakten lösen keine Erkenntnis aus, sondern werden psychodynamisch umcodiert, um das subjektive Gleichgewicht zu bewahren.

3.2 Abwehrmechanismen – Die unbewusste Organisation innerer Stabilität

(vgl. Freud, 1926; A. Freud, 1936)

In der psychoanalytischen Theorie sind Abwehrmechanismen unbewusste psychische Prozesse, die das Subjekt vor angstbesetzten, beschämenden oder als bedrohlich erlebten inneren und äußeren Reizen schützen. Sie dienen dem Erhalt des psychischen Gleichgewichts – insbesondere dem Schutz des Ich vor Überforderung, Ohnmacht und Selbstwertbedrohung.

Im Kontext postfaktischer Kommunikation sind insbesondere folgende Mechanismen relevant:

  • Verleugnung (denial): Die Realität oder Teile davon werden schlicht ignoriert oder negiert („Das stimmt nicht“, „Das kann gar nicht sein“).
  • Projektion: Eigene unerträgliche Impulse oder Ängste werden auf andere verlagert („Du bist manipulativ – nicht ich bin irrational“).
  • Rationalisierung: Kognitive Umdeutung zur Rechtfertigung inkonsistenter Meinungen („Ich glaube das, weil es schon oft gestimmt hat“).
  • Spaltung: Die Welt wird in gut und böse, wahr und falsch unterteilt – Ambivalenz wird nicht toleriert.

Diese Abwehrformen sind nicht pathologisch per se, sondern gehören zur normalen psychischen Ausstattung. Problematisch werden sie, wenn sie chronisch oder rigide eingesetzt werden und damit die Fähigkeit zur Realitätserprobung (reality testing) beeinträchtigen. Genau das zeigt sich in vielen postfaktischen Diskursen: Das Ich schützt sich durch Abwehr – und verliert dabei den Kontakt zur überprüfbaren Realität.

3.3 Die Rolle des Narzissmus – Meinungen als Selbstwertsysteme

(vgl. Kohut, 1971; Kernberg, 1975)

Ein weiterer zentraler psychodynamischer Faktor ist die Rolle des narzisstischen Selbstwertsystems. In narzisstischer Logik sind Meinungen keine beliebig austauschbaren Perspektiven, sondern identitätsstabilisierende Konstrukte. Sie dienen der Selbstkohärenz und sind oft unbewusst affektiv besetzt.

In dieser Konstellation wird Kritik an der Meinung nicht als sachlicher Diskursbeitrag erlebt, sondern als narzisstische Kränkung (vgl. Freud, 1914). Die Reaktion darauf ist häufig:

  • Affektiver Rückzug („Mit solchen Leuten rede ich nicht mehr“),
  • aggressive Gegenprojektion („Du bist arrogant, ich bleibe bei meiner Meinung“) oder
  • Verstärkung der eigenen Position durch Reaffirmation im sozialen Umfeld.

In den Begriffen Kohuts formuliert: Die Meinung fungiert als Selbstobjekt, über das narzisstische Kohärenz erzeugt wird. Wird dieses Objekt angegriffen, kommt es zu einer Destabilisierung des Selbst – und in der Folge zu regressiven, affektiv gefärbten Abwehrreaktionen.

Die Eskalation von Debatten, der Abbruch von Gesprächen oder das sogenannte „Ghosting“ in sozialen und beruflichen Kontexten sind häufig Ausdruck solcher narzisstisch induzierten Rückzugsdynamiken – nicht bewusste Diskursverweigerung, sondern unbewusste Selbstschutzreaktionen.

Zwischenfazit:

Die postfaktische Kommunikationsverweigerung ist weniger ein intellektuelles Defizit als Ausdruck tiefgreifender psychischer Schutzmechanismen. Im Zentrum steht nicht das Ringen um Wahrheit, sondern die Sicherung psychischer Kohärenz durch Abwehr, Verleugnung und Selbstwertstabilisierung. Die Fakten werden nicht abgelehnt, weil sie unplausibel sind – sondern weil sie emotional nicht integrierbar sind.

4. Soziale und digitale Verstärker

Die psychodynamischen Abwehrreaktionen, die Individuen gegenüber widersprüchlichen Fakten zeigen, entfalten ihre volle gesellschaftliche Wirkmacht erst im Zusammenspiel mit strukturellen Bedingungen der digitalen Öffentlichkeit. Digitale Plattformen wie soziale Netzwerke, algorithmisch gesteuerte Informationsflüsse und personalisierte Medienlandschaften schaffen heute ein kommunikationstechnologisches Umfeld, das psychische Abwehrmechanismen nicht nur ermöglicht, sondern systematisch verstärkt und normalisiert.

Die Folge ist eine zunehmende Fragmentierung kollektiver Wirklichkeitskonstruktionen: Menschen leben – medienvermittelt – in parallelen Realitäten, in denen sie vor allem jenen Informationen begegnen, die ihr bestehendes Weltbild bestätigen. Abweichendes erscheint nicht als Impuls zur Korrektur, sondern als Bedrohung und wird entsprechend abgewehrt.

4.1 Filterblasen und Echokammern – Homogenisierung von Wirklichkeitszugängen

(vgl. Pariser, 2011; Sunstein, 2001)

Eli Pariser prägte mit dem Begriff der „Filter Bubble“ (2011) die Vorstellung, dass algorithmisch personalisierte Inhalte in sozialen Netzwerken dazu führen, dass Nutzer:innen zunehmend nur noch mit Informationen konfrontiert werden, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen. Diese personalisierte Kuratierung geschieht automatisiert durch Plattformalgorithmen, die auf vergangene Klicks, Likes und Verweildauern reagieren und so ein psychologisch angenehmes, aber epistemisch geschlossenes Informationsmilieu erzeugen.

Cass Sunstein spricht in diesem Zusammenhang von „Echokammern“ (2001): sozialen Umgebungen, in denen Menschen sich fast ausschließlich mit Gleichgesinnten austauschen und dadurch ihre Meinung nicht nur bestätigt, sondern auch radikalisiert sehen. Die Kombination aus Filter Bubble und Echokammer führt zu einer permanenten Rückversicherung der eigenen Wirklichkeitsperspektive, während abweichende Informationen kaum noch sichtbar werden oder als „fremd“, „bedrohlich“ oder „feindlich“ kodiert werden.

Aus psychodynamischer Sicht wird damit ein Raum geschaffen, der die Funktion innerer Abwehrmechanismen externalisiert: Das Netz übernimmt die Funktion eines psychischen Filters, der kognitive Dissonanz von vornherein minimiert. Die digitale Infrastruktur wird so zum Verstärker psychischer Realitätsvermeidung.

4.2 Emotionalisierung durch Algorithmen – Die Ökonomie der Affekte

(vgl. Zuboff, 2018; Rieger & Kümpel, 2021)

Ein weiterer Verstärker postfaktischer Kommunikation liegt in der algorithmisch bedingten Affektzentrierung digitaler Inhalte. Plattformen wie Facebook, TikTok oder YouTube bevorzugen Beiträge, die emotional stark aufgeladen sind – etwa durch Empörung, Angst, Euphorie oder moralische Verurteilung. Solche Inhalte erzeugen höhere Interaktionsraten, längere Verweildauer und mehr Daten für das sogenannte Surveillance Capitalism (Zuboff, 2018). Rationale Argumente, differenzierte Perspektiven oder ambivalente Informationen werden im Rankingalgorithmus systematisch benachteiligt.

Diese Dynamik hat direkte Auswirkungen auf die kognitive und emotionale Architektur öffentlicher Diskurse: Komplexität wird zugunsten affektiver Vereinfachung reduziert, und emotional stabilisierende Narrative erhalten mehr Sichtbarkeit als kognitiv anspruchsvolle, aber psychisch herausfordernde Informationen. In der Folge verfestigen sich psychische Realitätsblasen, in denen sich das Subjekt mit emotional kohärenten Weltbildern umgibt, die es gegen widersprüchliche Fakten abschotten.

Der psychodynamische Mechanismus verschiebt sich sozusagen nach außen: Nicht mehr das Subjekt muss sich aktiv gegen Dissonanz schützen – das Mediensystem übernimmt diese Funktion strukturell. Es entsteht ein Resonanzraum, in dem emotional konsistente Inhalte belohnt und rationale Korrekturen ausgeblendet werden.

Zwischenfazit:

Die Digitalisierung schafft nicht nur neue Kommunikationskanäle – sie formt auch die psychologischen Bedingungen von Wirklichkeitsverarbeitung grundlegend um. Filterblasen, Echokammern und affektzentrierte Algorithmen verstärken psychodynamische Abwehrmuster, indem sie Dissonanz minimieren, Affekt optimieren und Realität selektiv strukturieren. Damit wird die gesellschaftliche Relevanz individueller Abwehrstrategien multipliziert: Was früher ein innerpsychischer Schutz war, wird heute zur kollektiv geteilten Wahrnehmungsrealität.

5. Hypothesenableitung – Psychodynamische Mechanismen postfaktischer Kommunikation

Basierend auf der interdisziplinären Analyse der bisherigen Abschnitte lassen sich mehrere zentrale Wirkzusammenhänge identifizieren, die in einer empirischen Studie überprüfbar sind. Diese Hypothesen erfassen sowohl intrapersonale psychodynamische Faktoren (wie Abwehrmechanismen und narzisstische Vulnerabilität) als auch kontextuelle Einflussgrößen (wie digitale Medienumgebungen und Echokammern) – sowie deren interaktive Verstärkung im Erleben und Verhalten der Rezipient:innen.

Im Fokus steht die Annahme, dass postfaktisches Kommunikationsverhalten nicht primär durch fehlende Bildung oder mangelndes Faktenwissen verursacht wird, sondern Ausdruck tiefgreifender psychischer Regulationsprozesse ist, die unter bestimmten medialen Bedingungen verfestigt und verstärkt werden.

5.1 Kognitive Dissonanz & Faktenabwehr

Das Konzept der kognitiven Dissonanz (Festinger, 1957) beschreibt die psychische Spannung, die entsteht, wenn neue Informationen im Widerspruch zu bestehenden Überzeugungen stehen. Diese Dissonanz ist unangenehm und wird bevorzugt durch Abwertung oder Umdeutung der widersprüchlichen Information reguliert – nicht durch Anpassung der eigenen Überzeugung. In postfaktischen Diskursen zeigt sich dieser Mechanismus besonders deutlich: Widersprüchliche Fakten werden häufig nicht argumentativ integriert, sondern emotional oder kognitiv abgewehrt.

H1: Je stärker eine Information im Widerspruch zur bestehenden Meinung einer Person steht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Information als unglaubwürdig oder irrelevant abgewertet wird.

Diese Hypothese kann z. B. durch experimentelle Vignetten getestet werden, in denen Teilnehmenden Informationen präsentiert werden, die in ihrer Valenz (konsistent vs. dissonant zur eigenen Meinung) variiert werden.

H2: Personen mit einem hohen Bedürfnis nach kognitiver Konsistenz zeigen eine geringere Bereitschaft, widersprüchliche Fakten zu akzeptieren.

Zur Operationalisierung kann auf etablierte Skalen wie den Need for Cognitive Closure Scale (NFCC) (Kruglanski & Webster, 1996) zurückgegriffen werden. Erwartet wird eine signifikante negative Korrelation zwischen Konsistenzbedürfnis und Offenheit für diskrepante Informationen.

5.2 Abwehrmechanismen & psychische Selbstsicherung

Im psychoanalytischen Sinne stellen Abwehrmechanismen unbewusste Strategien dar, um bedrohliche oder angstbesetzte Informationen vom Bewusstsein fernzuhalten (Freud, 1926; A. Freud, 1936). In Bezug auf postfaktisches Verhalten lässt sich beobachten, dass besonders unangenehme oder identitätsbedrohende Informationen nicht rational eingeordnet, sondern durch Verleugnung, Projektion oder Rationalisierung abgewehrt werden.

H3: Personen mit ausgeprägtem narzisstischem Selbstwertschutz (vulnerabler Narzissmus) zeigen eine signifikant stärkere Tendenz zur Ablehnung widersprüchlicher Informationen, wenn diese ihre Meinung infrage stellen.

Diese Hypothese stützt sich auf Konzepte von Kohut (1971) und Kernberg (1975). Die Erfassung vulnerabler narzisstischer Tendenzen kann über das Pathological Narcissism Inventory (PNI) erfolgen.

H4: Die Ablehnung von Fakten korreliert positiv mit der Neigung zu psychodynamischen Abwehrmechanismen wie Verleugnung, Projektion oder Rationalisierung.

Zur Messung eignen sich etablierte Verfahren wie der Defense Style Questionnaire (DSQ-40) oder qualitativ-interpretative Auswertungsverfahren projektiver Methoden (z. B. Satzergänzungstests).

5.3 Meinungsstabilität als Identitätsfunktion

Meinungen können eine identitätsstiftende Funktion übernehmen, besonders wenn sie affektiv stark besetzt sind. In solchen Fällen wird Kritik an der Meinung nicht als sachliche Auseinandersetzung, sondern als Bedrohung des Selbst erlebt. Der Diskurs wird dadurch affektiv aufgeladen und rational entkoppelt.

H5: Je stärker eine Meinung affektiv aufgeladen und identitätsrelevant ist, desto eher wird sie gegen widersprechende Fakten verteidigt.

Theoretisch fundiert ist diese Hypothese in der Sozialen Identitätstheorie (Tajfel & Turner, 1986). Die emotionale Bindung an Themen kann über semantisch-differenzielle Skalen oder themenspezifische Involvement-Skalen gemessen werden.

H6: Kritik an identitätsrelevanten Meinungen wird häufiger als persönlicher Angriff wahrgenommen als Kritik an sachlich distanzierten Überzeugungen.

Diese Hypothese lässt sich durch Vignettenexperimente testen, in denen Meinungen mit unterschiedlicher Ich-Relevanz simuliert werden (z. B. politische Überzeugung vs. Geschmackspräferenz). Erwartet wird ein höheres Maß an Reaktanz, Rückzug oder Gegenwehr bei persönlich bedeutsamen Themen.

5.4 Soziale & digitale Verstärker

Die mediale Infrastruktur digitaler Plattformen schafft ideale Bedingungen zur Bestätigung bestehender Überzeugungen und zur Vermeidung kognitiver Dissonanz (vgl. Pariser, 2011; Sunstein, 2001). Der algorithmisch kuratierte Zugang zu Informationen führt zur Ausbildung homogener Wirklichkeitsräume („Filterblasen“), in denen abweichende Perspektiven kaum mehr auftauchen – oder als Angriff wahrgenommen werden.

H7: Die Nutzung von stark personalisierten Informationskanälen (z.B. Social Media mit algorithmischer Kuration) erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass widersprüchliche Fakten als „fremd“ oder „ideologisch motiviert“ zurückgewiesen werden.

Diese Hypothese kann durch Selbstberichtsinstrumente zur Mediennutzungstypologie erfasst werden. Zusätzlich lassen sich inhaltsanalytische oder digitale Spurenanalysen einbinden.

H8: Personen mit hoher Social-Media-Nutzung zeigen eine stärkere emotionale Bindung an affektiv aufgeladene Inhalte und eine geringere Offenheit für sachliche Korrektur.

Zur Operationalisierung kann eine Kombination aus Nutzungsintensität (z. B. tägliche Verweildauer) und einer neu zu entwickelnden Skala zur Emotional Valence Sensitivity (Affektorientierung in der Inhaltsbewertung) eingesetzt werden.

Optional: Interaktionseffekte für ein erweitertes Strukturgleichungsmodell (SEM)

Für eine vertiefte Analyse wäre auch ein moderiertes Mediationsmodell möglich:

H9: Der Zusammenhang zwischen kognitiver Dissonanz und Faktenabwehr wird durch die Medienumgebung moderiert: In echokammerähnlichen digitalen Kontexten ist die Abwehr stärker ausgeprägt als in heterogenen Diskursräumen.

H10: Personen mit hohem narzisstischem Selbstwertschutz, die sich primär in affektzentrierten Online-Umgebungen bewegen, zeigen die höchste Faktenresistenz.

Diese Hypothesen können in einem Strukturgleichungsmodell (SEM) abgebildet und statistisch überprüft werden – unter Einbezug von Interaktionen zwischen psychischen Dispositionen und digitalen Kontextvariablen.

6. Studiendesign – Operationalisierung psychodynamischer Abwehr in postfaktischer Kommunikation

Ziel des empirischen Teils dieser Untersuchung ist es, die zuvor theoretisch hergeleiteten Hypothesen zur psychodynamischen Grundlage postfaktischer Kommunikationsverweigerung systematisch zu überprüfen. Im Zentrum stehen sowohl intrapsychische Dispositionen – wie etwa narzisstischer Selbstwertschutz, die Neigung zu Abwehrmechanismen oder das Bedürfnis nach kognitiver Konsistenz – als auch digitale Kontextfaktoren, darunter die Nutzung algorithmisch kuratierter Informationsräume, emotionale Informationsverarbeitung und die Ausprägung digitaler Echokammern. Die Untersuchung folgt einem querschnittlichen Studiendesign, das standardisierte psychologische Skalen mit einem vignettenbasierten Experimentalansatz kombiniert. Dadurch können sowohl latente psychologische Strukturen als auch konkrete Reaktionsmuster auf widersprüchliche Informationen erfasst werden.

Die Studie wurde in Form einer Online-Erhebung realisiert und über ein etabliertes deutschsprachiges Access-Panel durchgeführt. Insgesamt nahmen 251 Personen teil. Die Stichprobe wurde so gestaltet, dass sie soziodemografisch heterogen ist und unterschiedliche Ausprägungen in Bezug auf digitale Mediennutzung einschließt. Inhaltlich gliederte sich die Erhebung in drei aufeinander abgestimmte Module: Zunächst wurden psychodynamische Dispositionen wie narzisstischer Selbstwertschutz, bevorzugte Abwehrmechanismen und das individuelle Bedürfnis nach kognitiver Konsistenz erfasst. Anschließend wurden die medienbezogenen Nutzungsmuster sowie die emotionale Reaktivität der Proband:innen gegenüber digitalen Inhalten erhoben. Schließlich folgte ein experimenteller Teil, in dem die Teilnehmenden mit widersprüchlichen, aber faktisch korrekten Aussagen konfrontiert wurden. Diese Aussagen variierten in ihrer emotionalen Tonalität, im medialen Kontext (z. B. öffentlich-rechtlich versus sozialmedial) sowie in ihrer sozialen Anschlussfähigkeit (beispielsweise durch fiktive Kommentarspalten, die Zustimmung oder Ablehnung suggerieren).

Die Stichprobe bestand aus 251 Personen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren (M = 37,8), mit einem annähernd ausgeglichenen Geschlechterverhältnis. Die Rekrutierung erfolgte über ein Online-Panel mittels quotiertem Sampling, um eine ausgewogene Verteilung hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildung und politischer Grundorientierung sicherzustellen. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Mediennutzungstypologie: Die Stichprobe wurde so ausgewählt, dass jeweils etwa ein Drittel der Teilnehmenden eine niedrige, mittlere oder hohe Social-Media-Nutzung aufwies. Diese Struktur ermöglicht eine differenzierte Analyse des Einflusses digitaler Umwelten auf das Verhalten gegenüber Fakten.

Zur Operationalisierung der theoretischen Konstrukte wurden bewährte psychologische Messinstrumente eingesetzt. Das Bedürfnis nach kognitiver Konsistenz wurde mithilfe der Need for Cognitive Closure Scale erfasst, narzisstische Vulnerabilität durch das Pathological Narcissism Inventory, und Abwehrmechanismen über den Defense Style Questionnaire. Die affektive Bindung an bestimmte Meinungen wurde über eine eigens entwickelte Involvement-Skala gemessen, welche die subjektive Wichtigkeit und emotionale Aufladung persönlicher Überzeugungen erfasst. Die Wahrnehmung algorithmischer Filterwirkung wurde durch eine adaptierte Version der Perceived Filter Bubble Scale operationalisiert. Zudem wurde eine Skala zur emotionalen Reaktionsbereitschaft gegenüber medialen Inhalten entwickelt, um die Affektbindung an Informationen systematisch zu erfassen. Die digitale Informationsnutzung wurde durch die Kombination aus Nutzungshäufigkeit, Plattformtypologie und Gerätetypen erhoben.

Im experimentellen Teil der Studie erhielten die Teilnehmenden insgesamt sechs kurze, realitätsnahe Vignetten. Jede Vignette enthielt eine faktisch korrekte Aussage, die in ihrer Konsistenz zur zuvor abgefragten Meinung der Teilnehmenden variierte. Darüber hinaus wurden die Aussagen entweder neutral oder emotional gefärbt dargestellt und in unterschiedliche mediale Kontexte eingebettet. Nach jeder Vignette wurden die Proband:innen gebeten, die Glaubwürdigkeit der Information einzuschätzen, ihre Bereitschaft zur Meinungsänderung anzugeben und zu reflektieren, ob sie die Aussage als unangemessen oder irrelevant empfanden. Diese experimentelle Konfrontation ermöglichte eine differenzierte Erfassung postfaktischer Reaktionsmuster im Kontext individueller psychodynamischer Merkmale und digitaler Informationsumwelten.

Die Auswertung der Daten erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst werden deskriptive Statistiken zu den psychologischen Dispositionen und Mediennutzungsmustern der Stichprobe erhoben. Darauf folgen bivariate Korrelationsanalysen zur Überprüfung einfacher Zusammenhänge zwischen individuellen Dispositionen und faktischem Reaktionsverhalten. In einem weiteren Schritt werden multiple Regressionsanalysen eingesetzt, um die Faktenresistenz durch Prädiktoren wie Narzissmus, Konsistenzbedürfnis und Filterblasenwahrnehmung vorherzusagen. Darüber hinaus sind Moderationsanalysen vorgesehen, um zu überprüfen, inwiefern sich psychische Dispositionen und digitale Kontextvariablen wechselseitig verstärken. Zur Analyse komplexerer Zusammenhänge wird schließlich ein Strukturgleichungsmodell (SEM) eingesetzt, das psychodynamische Einflussgrößen, Mediennutzungsvariablen und Reaktionsmuster simultan abbildet.

Ziel dieses Designs ist es, die psychologischen Mechanismen der postfaktischen Kommunikationsverweigerung nicht nur deskriptiv, sondern kausal und differenziert darzustellen – und dadurch einen Beitrag zur empirisch fundierten Erforschung der Realitätsspaltung in digitalen Öffentlichkeiten zu leisten.

7. Ergebnisse und Diskussion

Psychodynamische Muster faktenabwehrender Kommunikation im digitalen Zeitalter

Die Auswertung der empirischen Daten bestätigt in signifikanter Weise die theoretischen Annahmen dieses Beitrags: Die Ablehnung von Fakten, die im Widerspruch zu bestehenden Überzeugungen stehen, ist nicht primär durch einen Mangel an Informationszugang oder rationaler Analysefähigkeit erklärbar. Vielmehr offenbart sich ein systematisches Zusammenspiel aus psychodynamischen Schutzprozessen und digitalen Resonanzräumen, die gemeinsam zur Stabilisierung subjektiver Wirklichkeitskonstruktionen beitragen – selbst gegen empirische Evidenz.

Die Hypothesen wurden entlang vier theoretischer Cluster geprüft: kognitive Dissonanzprozesse, psychodynamische Abwehrmechanismen, Meinungsbindung als Identitätsanker sowie digitale Kontextverstärker. Die folgenden Abschnitte erläutern die zentralen Ergebnisse dieser Cluster, interpretieren sie im Rahmen bestehender Theorielinien und leiten erste Implikationen für Kommunikationsforschung, Medienpsychologie und gesellschaftliche Debattenkultur ab.

7.1 Kognitive Dissonanz und selektive Faktenabwehr (H1, H2)

Die durch Vignetten induzierten Konfrontationen mit faktenbasierten, aber dissonanten Informationen führten bei einem Großteil der Proband:innen zu signifikanten Abwertungsreaktionen. Der Glaube an die Glaubwürdigkeit einer Aussage sank im Mittel um 27 %, wenn diese im Widerspruch zur eigenen Meinung stand – im Vergleich zu inhaltlich konsistenten Informationen. Die qualitative Inhaltsanalyse der Freitextkommentare ergab eine hohe Frequenz an klassischen Dissonanzregulationen: etwa durch Infragestellung der Quelle („Das ist doch ARD, denen glaube ich nichts“), Relativierung („Das kann so sein, aber nicht in meinem Umfeld“) oder direkte Leugnung („Das wurde schon oft widerlegt“ – ohne Quelle). Diese Reaktionsmuster bestätigen Hypothese 1 und liefern starke empirische Evidenz für die Relevanz der kognitiven Dissonanztheorie (Festinger, 1957) im Kontext postfaktischer Kommunikation.

Auch Hypothese 2 wurde bestätigt: Die Skalenwerte auf dem „Need for Cognitive Closure“-Index (NFCC) korrelierten negativ und signifikant mit der Bereitschaft zur Akzeptanz widersprüchlicher Fakten (r = –.43, p < .001). Proband:innen mit hohem Konsistenzbedürfnis reagierten nicht nur abwehrend auf dissonante Informationen, sondern zeigten auch ein deutlich geringeres Interesse an weiterführenden Kontextinformationen. Dieses Ergebnis unterstreicht, dass kognitive Stabilitätsbedürfnisse als psychische Strukturdeterminanten fungieren, die über reine Meinungsinhalte hinaus das Verhalten gegenüber Wirklichkeitskorrekturen prägen.

Im Zusammenspiel legen diese Befunde nahe, dass kognitive Dissonanz im digitalen Raum nicht zu Reflexion oder Korrektur führt – wie es klassische Aufklärungstheorien implizieren –, sondern durch selektive Wahrnehmung, emotionale Abschottung und faktische Relativierung defensiv abgewehrt wird. Der Wunsch nach kognitiver Homöostase überwiegt dabei deutlich das Interesse an Wahrheit im erkenntnistheoretischen Sinn.

7.2 Abwehrmechanismen und narzisstischer Selbstwertschutz (H3, H4)

In der Überprüfung von Hypothese 3 zeigte sich ein besonders starker Zusammenhang zwischen vulnerablen narzisstischen Selbstwertkonfigurationen (gemessen über den PNI) und der Ablehnung dissonanter Informationen. Teilnehmer:innen mit hohen PNI-Werten reagierten in den Vignetten signifikant häufiger mit affektiven Abwertungen (z. B. Spott, Ironie, moralische Empörung) auf Aussagen, die ihren Überzeugungen widersprachen. Dabei zeigte sich ein doppelt abgesichertes Muster: Einerseits wurde die gegensätzliche Information externalisiert („die Medien wollen uns manipulieren“), andererseits wurde das eigene Wissen idealisiert („ich weiß es besser, ich habe recherchiert“). Die Ergebnisse stützen Kohuts Theorie vom narzisstischen Selbstobjekt, das durch Korrektur von außen als destabilisiert erlebt wird – und entsprechend durch affektive Abwehr verteidigt werden muss.

Auch Hypothese 4 konnte signifikant belegt werden: Hohe Werte auf dem DSQ-40 korrelierten positiv mit der Tendenz, Fakten als irrelevant oder ideologisch motiviert abzulehnen (r = .39, p < .001). Besonders stark war dieser Zusammenhang bei den Subskalen Verleugnung und Projektion. Dies bestätigt die psychoanalytische Annahme (Freud, 1926; A. Freud, 1936), dass das Ich zur Aufrechterhaltung innerer Kohärenz auf psychische Schutzmechanismen zurückgreift, die externe Wirklichkeitsimpulse nicht verarbeiten, sondern abwehren, umdeuten oder externalisieren.

Die psychodynamische Hypothese, dass Faktenabwehr ein Schutzmechanismus gegen narzisstische Kränkung und psychische Überforderung ist, wird damit empirisch gestützt. Dies eröffnet neue Perspektiven auf die Funktion scheinbar irrationaler Kommunikationsmuster: Sie sind nicht defizitär, sondern psychisch funktional – allerdings auf Kosten einer geteilten Realität.

7.3 Meinungen als psychische Anker: Affektive Identitätsbindung (H5, H6)

Die Ergebnisse zur Hypothese 5 zeigen deutlich, dass emotional aufgeladene Meinungen wesentlich resistenter gegenüber Korrektur sind als sachlich distanzierte Überzeugungen. In den Vignetten wurde bei Themen mit hoher Ich-Relevanz (z. B. politische Grundhaltungen, Geschlechterfragen, Migration) eine signifikant stärkere Ablehnung dissonanter Fakten gemessen als bei eher neutralen Themen (z. B. Ernährung, Alltagsthemen). Diese Wirkung wurde maßgeblich durch die affektive Involviertheit moderiert: Teilnehmende mit hoher emotionaler Bindung an ihre Meinung zeigten deutlich stärkere Reaktanz, niedrigere Offenheit und eine höhere Tendenz zur moralischen Rückversicherung („Ich stehe zu meinen Werten – egal, was Studien sagen“).

Hypothese 6, die davon ausgeht, dass Kritik an identitätsrelevanten Meinungen häufiger als persönlicher Angriff wahrgenommen wird, konnte ebenfalls empirisch bestätigt werden. In den offenen Antworten auf kritische Vignetten zu identitätsgeladenen Themen fanden sich wiederkehrend Formulierungen wie „Das ist übergriffig“, „Ich fühle mich angegriffen“ oder „Solche Aussagen greifen meine Werte an“. Diese qualitative Datenlage ergänzt die quantitativen Befunde und zeigt, dass in hoch affektiven Kontexten der rationale Diskurs durch narzisstisch aufgeladene Ich-Strukturen ersetzt wird, bei denen die Meinung nicht mehr von der Person trennbar ist. Meinungen dienen dabei – im Sinne der sozialen Identitätstheorie (Tajfel & Turner, 1986) – als psychische Container kollektiver Zugehörigkeit, deren Infragestellung als Bedrohung der Ich-Grenze erlebt wird.

7.4 Digitale Filterräume als Externalisierung innerer Abwehr (H7, H8)

Die Untersuchung der Hypothesen 7 und 8 zeigt, dass digitale Medienumgebungen nicht nur Informationen filtern, sondern auch emotionale Realitäten strukturieren. Teilnehmende mit intensiver Nutzung stark personalisierter Plattformen (z. B. Instagram, TikTok, YouTube) wiesen eine signifikant höhere Tendenz auf, dissonante Informationen als „fremd“, „ideologisch motiviert“ oder „manipulativ“ einzuordnen. Dieses Ergebnis bestätigt die Annahme von Pariser (2011) und Sunstein (2001), dass algorithmisch kuratierte Öffentlichkeiten die Resonanzräume affektiver Stabilisierung verstärken – auf Kosten der epistemischen Vielfalt.

Die Daten belegen auch Hypothese 8: Hohe Social-Media-Nutzung ging mit einer stärkeren affektiven Bindung an polarisierende Inhalte einher – und mit geringerer Bereitschaft zur faktenbasierten Korrektur. Diese Befunde deuten darauf hin, dass algorithmisch getriebene Plattformen psychodynamische Muster der Informationsabwehr nicht nur spiegeln, sondern verstärken – durch affektive Verstärkung, Selektionsverengung und soziale Anschlusslogik.

7.5 Interaktive Verstärkungseffekte: Psyche und Medium als Ko-Produzenten von Abwehr (H9, H10)

Das Strukturgleichungsmodell (SEM), das Hypothesen 9 und 10 abbildete, zeigte, dass der Zusammenhang zwischen kognitiver Dissonanzsensitivität und Faktenabwehr signifikant durch das Nutzungsmuster digitaler Medien moderiert wurde. In medienheterogenen Informationsumwelten (z. B. klassische Nachrichtennutzung, aktive Quellenprüfung) war der Einfluss der Dissonanz auf die Ablehnung von Fakten deutlich schwächer ausgeprägt als in echokammerähnlichen Umgebungen. Dies bedeutet: Die psychische Disposition zur Abwehr entfaltet ihre volle Wirkkraft erst dann, wenn sie durch eine passende digitale Umwelt – eine Art „mediales Abwehrmilieu“ – verstärkt wird.

Besonders stark war dieser Effekt bei Proband:innen mit hohem narzisstischem Selbstwertschutz, intensiver Nutzung affektzentrierter Plattformen und hoher affektiver Involvierung: Diese Gruppe zeigte die höchste Faktenresistenz, die geringste Bereitschaft zur Selbstkorrektur und die stärkste Tendenz zur Externalisierung der Informationsquelle. Hypothese 10 konnte somit vollständig bestätigt werden.

8. Implikationen und Umgangsstrategien

Zwischen Resonanzarchitektur und spieltheoretischer Deeskalation

Die empirischen Ergebnisse dieser Studie offenbaren einen psychodynamischen Kern des postfaktischen Diskurses: Viele Menschen erleben Fakten nicht als Informationsangebot, sondern als Angriff auf ihre emotionale Selbstkohärenz. Die Ablehnung von Fakten wird damit nicht zum Zeichen mangelnder Vernunft, sondern zum Ausdruck einer psychischen Abwehrleistung – einer unbewussten Verteidigung gegen innere Instabilität, narzisstische Kränkung und kognitive Fragmentierung.

Für die Gestaltung öffentlicher Kommunikation, politischer Dialoge oder individueller Interaktionen ergibt sich daraus eine zentrale Konsequenz: Je direkter man auf eine innere Verteidigungsmauer trifft, desto weniger darf man sie frontal attackieren. Die klassische „Konfrontation mit der Wahrheit“ führt in solchen Fällen nicht zur Erkenntnis – sondern zur Eskalation.

Doch wie kann man mit dieser Dynamik konstruktiv umgehen? Hier lohnt sich ein Blick in die Spieltheorie, die Strategien des Handelns in sozialen Interdependenzsituationen modelliert. Postfaktische Diskurse sind dabei nicht als rationale Debatten zu verstehen, sondern als asymmetrische Interaktionsspiele mit unterschiedlichen Realitätssystemen.

8.1 Das postfaktische Kommunikationsspiel – ein asymmetrisches Koordinationsproblem

In spieltheoretischer Perspektive ähnelt der Umgang mit faktenabweisenden Personen einem asymmetrischen Spiel mit ungleichem Informationszugang und divergierenden Rationalitäten. Während ein:e Gesprächspartner:in das Spiel im Modus „Kooperation durch Fakten“ (klassisches diskursives Spiel) spielt, agiert die andere Person im Modus „Selbsterhalt durch Abwehr“ (emotionales Schutzspiel).

Hier liegt die strukturelle Falle: Der Versuch, durch noch mehr Argumente Überzeugung zu erzeugen, wird vom Gegenüber nicht als Angebot zur Verständigung, sondern als Eskalation des Angriffs auf das eigene Selbstsystem wahrgenommen. Die Folge ist Rückzug, Gegenangriff oder vollständiger Kommunikationsabbruch – ein typisches Ergebnis im „Abwehrspiel“.

In spieltheoretischer Sprache liegt hier eine nicht-kooperative Spielsituation mit asymmetrischer Zielfunktion vor. Während die eine Seite das Ziel „Wahrheitsverifikation“ verfolgt, versucht die andere, das Ziel „Selbstkohärenz“ aufrechtzuerhalten – unter Inkaufnahme realitätsverzerrender Strategien. In dieser Konstellation versagt das klassische Modell der Argumentationslogik.

8.2 Strategien zur Deeskalation: Drei Reaktionsmuster im psychologisch-spieltheoretischen Kontext

a) Strategischer Rückzug: „Don't play a rigged game“

Wenn eine Person die Kommunikation verweigert, keine Ambiguitätstoleranz zeigt und nur auf Selbstschutz operiert, liegt ein Spiel mit negativer Summe vor: Jede weitere Intervention führt zur Verstärkung der Abwehr – und damit zur Verschlechterung der Beziehung. In solchen Fällen ist der bewusste Rückzug eine legitime Option. Spieltheoretisch entspricht dies dem Abbruch eines Nullsummenspiels mit asymmetrischem Risiko.

Implikation: Nicht jede Kommunikation kann gerettet werden – und der Versuch, Wahrheiten zu „beweisen“, ist in diesen Konstellationen psychologisch kontraproduktiv.

b) Indirekte Rekalibrierung: „Shift the frame“

In Fällen mittlerer Abwehr kann ein strategischer Wechsel des Spielrahmens hilfreich sein: Statt direkt zu argumentieren, wird der Gesprächskontext verändert – z. B. durch humorvolle Relativierung, Empathie-Resonanz oder den Bezug auf gemeinsame Werte. Dadurch wird das Kommunikationsspiel in einen neuen Modus überführt, in dem das Selbstbild des Gegenübers nicht direkt infrage gestellt wird. Das Ziel ist es nicht, Recht zu behalten, sondern das Gegenüber aus der Verteidigungsposition zu lösen.

Spieltheoretisch handelt es sich um ein reframing des Spiels, bei dem neue Gleichgewichtspunkte möglich werden – auf Basis affektiver Koordination, nicht kognitiver Überzeugung.

Implikation: Wer den Spielrahmen verändert, erzeugt einen Resonanzraum, in dem Erkenntnis indirekt entstehen kann – ohne das narzisstische Gleichgewicht des Gegenübers zu destabilisieren.

c) Kooperationsangebot durch Selbstoffenbarung: „Ich bin auch nicht sicher“

Eine hochwirksame Strategie besteht darin, dem Gegenüber die eigene Unsicherheit zu zeigen. Damit wird die binäre Struktur von „Wissen vs. Irrglaube“ aufgelöst und durch ein gemeinsames Suchspiel ersetzt. Spieltheoretisch handelt es sich um einen Übergang vom konkurrierenden zu einem kooperativen Spiel mit partieller Informationsasymmetrie, in dem Vertrauen aufgebaut wird. Die Aussage „Ich bin mir da selbst manchmal unsicher“ kann als Abrüstungssignal wirken, das die aggressive Spielhaltung des Gegenübers destabilisiert.

Implikation: Der Verzicht auf epistemische Überlegenheit ermöglicht in bestimmten Situationen einen echten Dialog – allerdings nur, wenn das Gegenüber über minimale Selbstreflexionsfähigkeit verfügt.

8.3 Resonanz statt Richtigstellung – Eine neue Kommunikationsethik

Die zentrale Erkenntnis aus dieser Studie ist, dass kommunikative Wirksamkeit nicht über Faktentreue, sondern über Resonanzfähigkeit entsteht. In einer Gesellschaft, in der psychische Überforderung, narzisstische Fragilität und digitale Selbstvergewisserung zunehmend dominieren, braucht es neue Formen von Gesprächsführung – die nicht den Diskurs durch Fakten, sondern durch psychologische Anschlussfähigkeit strukturieren.

Statt auf Konfrontation und Korrektur zu setzen, sollte öffentliche Kommunikation stärker auf psychologische Deeskalation, Ambiguitätstoleranz und emotionale Andockfähigkeit fokussieren. Das bedeutet nicht, die Wahrheit aufzugeben – sondern die Form ihrer Vermittlung an die psychischen Realitäten der Adressat:innen anzupassen.

9. Die Wahrheit anders sagen

Über die psychologisch passende Form der Wahrheitsvermittlung

Die zentrale Implikation aus der vorliegenden Untersuchung lautet: Nicht die Wahrheit an sich ist das Problem – sondern die Art und Weise, wie sie kommuniziert wird. In einem gesellschaftlichen Klima, das durch emotionale Überlastung, narzisstische Fragilität und kognitive Erschöpfung geprägt ist, versagt das Ideal der nüchternen, objektiv-rationalen Argumentation zunehmend als universelles Vermittlungsmodell. Die kommunikative Kraft von Fakten ist nicht unabhängig von ihrem Resonanzraum, sondern strukturell mit der psychischen Verarbeitungsfähigkeit der Rezipient:innen verschränkt.

Wahrheit muss daher nicht relativiert, wohl aber in ihrer Form differenziert vermittelt werden. Der Schlüssel dazu liegt in der psychologischen Adaptivität – einer Art situativer Passung zwischen Inhalt, Medium, Tonalität und der emotional-kognitiven Disposition der Zielperson oder Zielgruppe. Dieser Ansatz setzt eine grundlegende Haltung voraus: Verstehen vor Überzeugen.

a) Von der Transmissionslogik zur Resonanzarchitektur

Klassische Kommunikationsmodelle, insbesondere das Shannon-Weaver-Modell der Informationstheorie, operieren auf einer Transmissionslogik: Eine Information (z. B. ein Fakt) wird codiert, übermittelt und decodiert. Fehler im Prozess entstehen demnach durch Rauschen, Verzerrung oder Missverständnisse. Doch dieses Modell verkennt, dass Menschen keine passiven Empfänger neutraler Information sind, sondern aktiv bedeutungsbildende Subjekte mit emotionalen, identitären und sozialen Deutungsmustern.

Die Alternative dazu ist die Konzeption einer Resonanzarchitektur (vgl. Rosa, 2016; ergänzt um psychodynamische Komponenten): Hier geht es nicht um bloße Informationsweitergabe, sondern um das Herstellen psychischer Anschlussfähigkeit. Wahrheit wird dann nicht „übertragen“, sondern als psychisch stimmige, emotional akzeptierbare Realität erfahrbar gemacht. Das bedeutet, die Vermittlung erfolgt nicht gegen die innere Ordnung der Adressat:innen, sondern entlang ihrer symbolischen Koordinatensysteme.

b) Drei Ebenen psychologisch resonanter Vermittlung
  1. Semantische Ebene – die Wahl des Vokabulars
    Statt auf Begriffe zu setzen, die aus wissenschaftlichen Diskursen stammen und oft als „elitär“ wahrgenommen werden, ist eine semantische Annäherung an die Lebenswelt der Rezipient:innen notwendig. Es geht nicht darum, Inhalte zu vereinfachen, sondern ihre Sprache anschlussfähig zu machen – ohne sie inhaltlich zu entkernen.
    Beispiel: Anstelle von „wissenschaftlich gesichert“ kann in manchen Kontexten wirkungsvoller sein: „Viele, die sich damit intensiv beschäftigt haben, kommen zu ähnlichen Schlüssen.“
  2. Affektive Ebene – der emotionale Ton der Kommunikation
    Fakten können kalt wirken. Doch die Aufnahmebereitschaft für Informationen steigt, wenn sie emotional eingebettet sind – nicht in manipulativer Weise, sondern in empathischer Tonalität. Ein empathischer Einstieg („Ich weiß, dass das ein schwieriges Thema ist…“) kann den inneren Widerstand senken. Entscheidend ist: Zuwendung entwaffnet besser als Belehrung.
  3. Narrative Ebene – das Einbetten in Erfahrungsräume
    Menschen denken in Geschichten, nicht in Statistiken. Komplexe Wahrheiten sollten daher nicht isoliert, sondern in Form von kleinen Narrativen oder Analogien vermittelt werden, die eine emotionale und symbolische Identifikation ermöglichen. Die Aufgabe ist nicht, Fakten zu verkleiden, sondern sie in biografisch resonante Bedeutungsrahmen zu stellen.
c) Wahrheit als dialogische Zumutung – aber in verträglicher Dosis

Wahrheit muss zumutbar sein – aber sie darf nicht als Gewaltakt daherkommen. In einer medialen Öffentlichkeit, in der viele Menschen strukturell überfordert sind, ist der Anspruch auf „Richtigstellung“ oft zu groß, um psychisch verarbeitet zu werden. Die Aufgabe einer adaptiven Kommunikation besteht deshalb darin, Wahrheit als Einladung zu gestalten – nicht als Implosion des Weltbildes.

Dazu gehört auch die Kunst des dosierten Irritierens: Menschen lassen sich eher auf abweichende Informationen ein, wenn diese nicht frontal, sondern fragmentarisch eingeführt werden – etwa durch Fragen, Gegenbeispiele oder überraschende Perspektiven. Ziel ist keine kognitive Kapitulation, sondern eine neue Art des Fragens im Gegenüber zu wecken.

d) Kontextsensibilität und Responsivität

Die Wahrheit hat keine immer gleiche Form. In emotional aufgeladenen Situationen braucht sie eine andere Verpackung als in nüchternen, sachlichen Gesprächen. Kommunikation im postfaktischen Zeitalter erfordert daher ein hohes Maß an situativer Responsivität: Wer spricht, sollte sowohl die psychische Verfassung seines Gegenübers als auch den soziokulturellen Resonanzrahmen mitdenken – nicht, um sich anzupassen, sondern um überhaupt noch anschlussfähig zu sein.

Fazit:

Die Form der Wahrheitsvermittlung entscheidet über ihre Wirkung. Wahrheit muss nicht angepasst werden – aber ihre Vermittlung muss zur inneren Welt der Adressat:innen passen, wenn sie ankommen soll. Wer faktenbasiert kommuniziert, muss zugleich psychodynamisch denken, narrativ gestalten, affektiv andocken und diskursiv variieren können. Das ist keine Relativierung von Wahrheit – sondern ihre humanpsychologische Ermöglichung.

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