Die vergangenen zwei Jahrzehnte sind durch einen tiefgreifenden Wandel in den Formen sozialer Vergemeinschaftung gekennzeichnet, der sowohl klassische Institutionen als auch moderne Markenpraktiken betrifft. Formen von Zugehörigkeit, die lange Zeit durch feste Strukturen, klar definierte Mitgliedschaften und dauerhaft eingeforderte Loyalität geprägt waren, verlieren zunehmend an Bindungskraft. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Brand Communities, die seit den frühen 2000er Jahren als paradigmatisches Modell für die affektive Bindung zwischen Konsument und Marke galten. In einer zunehmend fragmentierten, digitalisierten und ästhetisierten Konsumkultur reicht die Vorstellung einer Community, die um das Zentrum einer Marke herum organisiert ist, jedoch nicht mehr aus, um die neuen Formen kollektiver Zugehörigkeit zu erklären.
An ihre Stelle treten flüchtige, episodische und stärker affektiv grundierte Gemeinschaftsformen, die weniger durch formale Mitgliedschaft oder stabile Organisation charakterisiert sind, sondern vielmehr durch Atmosphären, ästhetische Codes und kollektive Erlebnisse, die situativ geteilt werden. Diese neuen Sozialformen sind fluid, temporär und affektiv aufgeladen. Zugehörigkeit entsteht nicht durch langfristige Treue, Mitgliedslisten oder institutionelle Verankerung, sondern durch das unmittelbare Gefühl der Resonanz, durch die Synchronisation von Affekten und durch die ästhetische Teilhabe an einer geteilten Stimmung. Es handelt sich um das, was in dieser Studie als Vibe Communities bezeichnet wird – Gemeinschaften, deren sozialer Kitt weniger in formalen Strukturen liegt, sondern in der geteilten Erfahrung von Vitalität oder Hedonismus, die durch räumlich-atmosphärische Arrangements, ästhetische Ausdrucksformen und digitale Zirkulation stabilisiert wird.
Der Forschungsanlass für diese Untersuchung ist somit der sichtbare Bedeutungsverlust klassischer Brand Communities bei gleichzeitigem Aufstieg neuer Formen atmosphärisch gebundener Zugehörigkeit. Während die klassische Brand Community – etwa die Harley Owners Group oder Apple User Groups – noch auf stabiler Loyalität und intensiver Markenzentrierung beruhte, zeigen empirische Beobachtungen, dass Konsumenten heute weniger einer Marke an sich folgen, sondern vielmehr den Atmosphären, Resonanzen und Erlebnissen, die mit ihr verbunden sind. Der Clubcharakter einer Brand Community wird zunehmend abgelöst von der festivalhaften, eventisierten und ästhetisierten Logik einer Vibe Community, die stärker durch affektive Dichte, atmosphärische Kohärenz und temporäre Intensität als durch langfristige Bindung geprägt ist.
Damit ergibt sich ein Forschungsproblem: Die bestehenden Community-Theorien können diese neuen Formen der Vergemeinschaftung nicht mehr adäquat erklären. Muniz und O’Guinn (2001) definierten Brand Communities durch ein Bewusstsein gemeinsamer Zugehörigkeit, durch geteilte Rituale und Traditionen sowie durch eine moralische Verantwortung gegenüber der Gruppe. Diese Kriterien setzen ein hohes Maß an Stabilität, Exklusivität und Markenzentrierung voraus. In der Realität gegenwärtiger Konsumkulturen treten jedoch Phänomene hervor, die diesen Kriterien kaum noch entsprechen. Zugehörigkeit ist nicht mehr exklusiv und dauerhaft, sondern situativ, episodisch und oft offen für Wechsel. Rituale existieren zwar weiterhin, doch sind sie weniger tradiert als vielmehr spontan, atmosphärisch und performativ. Moralische Verantwortung tritt hinter affektive Intensität zurück.
Der theoretische Rahmen der klassischen Brand Community-Forschung ist damit zu eng, um Phänomene wie Running Crews in Großstädten, Hyrox-Events, Streetwear-Drops oder Festivalgemeinschaften zu beschreiben. Diese Konstellationen weisen eine hohe soziale Dichte und starke Zugehörigkeitsgefühle auf, die jedoch nicht durch formale Organisation oder Markenmitgliedschaft entstehen, sondern durch affektive Synchronisation, atmosphärische Verdichtung und ästhetische Ausdrucksformen. Die zentrale Erkenntnis ist: Die Marke ist nicht länger das Zentrum der Gemeinschaft, sondern fungiert als Atmosphärenarchitekt oder Resonanzverstärker.
Das Forschungsziel dieser Arbeit ist es daher, Vibe Communities als eigenständigen Community-Typus zu identifizieren, theoretisch zu fundieren und empirisch zu validieren. Sie sollen nicht lediglich als Weiterentwicklung oder schwache Form klassischer Brand Communities verstanden werden, sondern als neue Vergemeinschaftungslogik spätmoderner Konsumkulturen, die eigene Kriterien, Mechanismen und Effekte aufweist. Die vorliegende Arbeit verfolgt drei zentrale Schritte: Erstens die theoretische Präzisierung von Vibe Communities im Anschluss an sozial- und kulturtheoretische Ansätze zu Atmosphäre, Affekt und Resonanz (Böhme, Rosa, Collins). Zweitens die empirische Untersuchung mit einer breit angelegten Stichprobe von 2.191 Probanden, um die Merkmale von Vibe Communities quantitativ und qualitativ zu erfassen und von klassischen Brand Communities abzugrenzen. Drittens die marketingtheoretische Einordnung, die den praktischen Wert von Vibe Communities für Markenführung und Marketingkommunikation herausarbeitet.
Daraus ergeben sich die leitenden Forschungsfragen dieser Arbeit: Erstens, welche Merkmale Vibe Communities im Unterschied zu klassischen Brand Communities kennzeichnen. Zweitens, welche gesellschaftlichen, kulturellen und technologischen Faktoren ihre Entstehung begünstigen. Drittens, welchen Wert Vibe Communities für Markenführung und Marketingkommunikation besitzen. Diese Forschungsfragen bündeln die drei Ebenen der Untersuchung: eine theoretische Ebene (Definition und Kriterien), eine empirische Ebene (Untersuchung der Strukturen und Treiber) sowie eine praxisorientierte Ebene (Implikationen für Marken).
Die Relevanz der Untersuchung ist sowohl wissenschaftlich als auch praktisch zu verorten. Wissenschaftlich leistet sie einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Community-Forschung, indem sie einen bislang nicht beschriebenen Typus systematisiert und empirisch überprüft. Sie integriert soziologische Theorien der Atmosphäre (Böhme), der Resonanz (Rosa) und der Interaktionsrituale (Collins) mit konsumpsychologischen und marketingtheoretischen Ansätzen (Muniz/O’Guinn, Cova/Kozinets) und eröffnet damit ein interdisziplinäres Forschungsfeld. Praktisch besitzt die Arbeit hohe Relevanz, da Marken zunehmend in einem Umfeld agieren, in dem klassische Loyalitätsmechanismen erodieren und stattdessen die Fähigkeit, Resonanzräume und Atmosphären zu gestalten, über Relevanz und Anschlussfähigkeit entscheidet. Marken müssen lernen, nicht mehr als Zentrum einer Community, sondern als Kuratoren von Vibes zu agieren.
Im Zentrum dieser Arbeit steht daher die Annahme, dass Vibe Communities nicht lediglich eine schwächere Variante klassischer Brand Communities darstellen, sondern einen eigenständigen Community-Typus, der durch seine atmosphärische, affektive und ästhetische Logik charakterisiert ist. Ihre Untersuchung eröffnet nicht nur neue theoretische Perspektiven auf die Frage, wie Zugehörigkeit in spätmodernen Konsumkulturen hergestellt wird, sondern liefert auch konkrete Einsichten für das Marketing: Wie können Marken Vibe Communities ansprechen, verstärken oder mitgestalten, ohne deren Autonomie und affektive Authentizität zu unterminieren?
Die vorliegende Studie greift diese Fragen auf und verbindet theoretische, empirische und praxisorientierte Dimensionen. Sie zeigt, dass Vibe Communities Ausdruck einer ästhetisch und affektiv geprägten Gesellschaft sind, in der Zugehörigkeit weniger durch Institutionen als durch Atmosphären, Resonanzen und geteilte Erlebnisse organisiert wird. Die Untersuchung mit 2.191 Probanden ermöglicht es, die theoretisch hergeleiteten Kriterien empirisch zu prüfen, die Unterschiede zu Brand Communities statistisch zu erfassen und die Bedingungen sowie den Wert dieser neuen Vergemeinschaftungsform für Markenführung zu bestimmen. Damit leistet die Arbeit sowohl einen theoretischen Beitrag zur Community-Forschung als auch einen praktischen Beitrag zur Weiterentwicklung des Marketings im Zeitalter flüchtiger, atmosphärisch fundierter Sozialformen.
Die Untersuchung von Vergemeinschaftungsformen hat in der Soziologie eine lange Tradition. Ein klassischer Bezugspunkt ist Ferdinand Tönnies’ Unterscheidung von Gemeinschaft und Gesellschaft (1887), die bis heute als grundlegende Typologie sozialer Bindungen gilt. Tönnies beschreibt „Gemeinschaft“ als eine Form der sozialen Ordnung, die durch Nähe, persönliche Bindung, Tradition und emotionale Dichte geprägt ist. Familie, Dorf oder Nachbarschaft sind hierfür paradigmatische Beispiele, in denen Zugehörigkeit nicht gewählt, sondern durch Geburt oder lokale Verankerung gegeben ist. Demgegenüber steht „Gesellschaft“ als moderne Form des sozialen Miteinanders, die durch Individualisierung, Rationalität, Zweckbeziehungen und Vertraglichkeit charakterisiert ist. Hier dominiert nicht mehr die emotionale Einbettung, sondern die kalkulative Koordination, etwa in Märkten oder Institutionen. Diese Unterscheidung bildet nicht nur ein theoretisches Fundament, sondern hat bis heute Relevanz, weil sie den Spannungsbogen zwischen affektiver Nähe und funktionaler Rationalität aufspannt, in dem auch moderne Konsumgemeinschaften zu verorten sind.
Mit dem Übergang zur spätmodernen Konsumgesellschaft wurde deutlich, dass sich Formen von Gemeinschaft nicht vollständig auflösen, sondern in neuen, hybriden Formationen fortbestehen. Seit den 1990er Jahren hat die Forschung vermehrt auf Konsum als Grundlage von Gemeinschaftsbildung hingewiesen. An die Stelle traditioneller Institutionen treten Marken und Konsumpraktiken, die als Träger kollektiver Identität fungieren können. Eine zentrale theoretische Innovation stellt das Konzept der Brand Communities dar, das von Muniz und O’Guinn (2001) geprägt wurde. Sie definieren Brand Communities als „spezialisierte, nicht geographisch gebundene Gemeinschaften, die auf einem strukturierten Set sozialer Beziehungen unter Anhängern einer Marke basieren“. Wesentlich sind dabei drei Merkmale: erstens das Bewusstsein gemeinsamer Zugehörigkeit, das auf dem Wissen beruht, Teil einer exklusiven Gruppe von Konsumenten zu sein; zweitens gemeinsame Rituale und Traditionen, die den Konsum symbolisch aufladen und eine kulturelle Tiefe verleihen; und drittens eine Form von moralischer Verantwortung, die Mitglieder gegenüber der Community empfinden, etwa in der Unterstützung neuer Teilnehmer oder in der Verteidigung der Marke gegen Kritik.
Diese drei Dimensionen machten die Stärke klassischer Brand Communities aus und führten zu einer Vielzahl von empirischen Studien. Sie zeigten, dass Konsumenten bereit sind, emotionale, zeitliche und symbolische Ressourcen in markenzentrierte Gemeinschaften zu investieren. Beispiele reichen von der Harley Owners Group über Apple User Groups bis hin zu Fan-Communities im Bereich von Sportartikeln oder Unterhaltung. In diesen Konstellationen war die Marke Zentrum der Vergemeinschaftung, sie bot den symbolischen Rahmen, die Narrative und die Rituale, durch die sich Gemeinschaft konstituierte. Marken dienten nicht nur der Differenzierung von Produkten, sondern wurden zu sozialen Identifikationsankern.
Parallel zu diesem Diskurs entstand die Forschung zu Consumption Communities, die insbesondere durch Cova und Kozinets (2007) geprägt wurde. Hier liegt der Fokus weniger auf einzelnen Marken, sondern auf Konsumerfahrungen, Praktiken und symbolischen Systemen, die Gruppen zusammenhalten. Consumption Communities umfassen auch subkulturelle Szenen wie Skateboarding, Gaming oder Sneakerkultur, in denen Produkte zwar wichtig sind, die Gemeinschaft sich jedoch nicht ausschließlich um eine einzelne Marke zentriert. Cova betont in diesem Zusammenhang die Rolle des „linking value“ – also des Werts, den Produkte und Praktiken nicht primär durch ihre Funktion, sondern durch ihre Fähigkeit haben, Menschen miteinander zu verbinden. Während Muniz und O’Guinn die Marke als strukturelles Zentrum betrachten, rücken Cova und Kozinets die geteilte Praxis, Erfahrung und Bedeutung in den Vordergrund.
Beide Ansätze – Brand Communities und Consumption Communities – haben wesentlich zum Verständnis der sozialen Dimension von Konsum beigetragen. Sie zeigen, dass Konsum nicht nur eine individuelle Handlung, sondern ein soziales Band ist, das Zugehörigkeit, Identität und Gemeinschaft stiftet. Dennoch weisen sie in Bezug auf gegenwärtige Phänomene erhebliche Limitationen auf. Der Fokus auf Mitgliedschaft, Loyalität und funktionale Bindung setzt eine Stabilität voraus, die in einer zunehmend fragmentierten Konsumkultur nicht mehr gegeben ist. Brand Communities leben von der Idee dauerhafter Identifikation mit einer Marke, während Consumption Communities zwar fluider erscheinen, jedoch ebenfalls von gewissen Kernpraktiken und kollektiven Symbolen abhängen, die eine relative Beständigkeit garantieren.
Die Realität spätmoderner Konsumwelten zeigt jedoch, dass viele Formen von Vergemeinschaftung situativ, flüchtig und atmosphärisch sind. Sie beruhen weniger auf langfristiger Loyalität als auf temporärer Resonanz. Konsumenten müssen sich nicht dauerhaft an eine Marke binden, sondern können über ästhetische Codes, Musik, Rauminszenierungen oder digitale Trends in eine Gemeinschaft eintreten, die im Moment ihrer Erfahrung stark und intensiv ist, sich aber ebenso schnell wieder auflöst. Diese Entwicklung wird durch Plattformlogiken sozialer Medien verstärkt, die Gemeinschaftserleben nicht mehr an physische Präsenz oder dauerhafte Mitgliedschaft binden, sondern durch Hashtags, Clips oder visuelle Codes erzeugen.
Damit wird deutlich, dass klassische Community-Theorien die emergenten, affekt- und atmosphärisch gebundenen Gemeinschaftsformen nur unzureichend erfassen können. Sie waren auf relative Stabilität, feste Identitätsanker und klare Abgrenzungen ausgerichtet. Die heutigen Formationen – hier als Vibe Communities bezeichnet – stellen jedoch eine andere Logik dar: Sie sind lose organisiert, atmosphärisch gebunden, ästhetisch codiert und affektiv verdichtet, ohne notwendigerweise über Dauer, Loyalität oder stabile Identifikation zu verfügen. Während Brand Communities die Marke als Zentrum der Gemeinschaft positionieren, verschiebt sich in Vibe Communities das Zentrum hin zur Atmosphäre selbst, die durch gemeinsame Praktiken, affektive Synchronisation und ästhetische Ausdrucksformen erzeugt wird.
Die kritische Auseinandersetzung mit den klassischen Community-Theorien zeigt somit, dass sie zwar einen wichtigen Ausgangspunkt bilden, aber nicht mehr ausreichen, um die gegenwärtigen Entwicklungen im Konsum- und Marketingbereich zu erklären. Vibe Communities entstehen genau dort, wo die Kategorie der Loyalität von der Kategorie des Erlebens ersetzt wird, wo Mitgliedschaft durch Resonanz und wo funktionale Bindung durch ästhetische Affektverdichtung substituiert wird. Die Weiterentwicklung der Community-Forschung erfordert daher eine konzeptionelle Erweiterung, die Atmosphären, Affekte und temporäre Formen der Vergemeinschaftung in den Mittelpunkt stellt.
Die theoretische Auseinandersetzung mit den Phänomenen Atmosphäre und Affekt bildet eine notwendige Grundlage, um das Konzept der Vibe Communities präzise zu erfassen und von klassischen Gemeinschaftsmodellen abzugrenzen. Während traditionelle Community-Theorien auf Strukturen, Regeln und Loyalität fokussieren, verlagert sich in Vibe Communities der Schwerpunkt auf das ästhetisch-affektive Erleben. Das bedeutet: Die Zugehörigkeit entsteht weniger aus stabiler Mitgliedschaft als vielmehr aus dem Gefühl, in eine bestimmte Stimmung einzutreten, die durch Räume, Symbole, Klänge, Gesten oder digitale Codes erzeugt wird. Die entscheidende Frage lautet daher: Wie lassen sich Atmosphären theoretisch fassen, und wie entsteht affektive Bindung in sozialen Kontexten? Drei theoretische Linien – Gernot Böhmes Ästhetik der Atmosphären, Hartmut Rosas Resonanztheorie und Randall Collins’ Konzept der Interaktionsrituale – liefern zentrale Impulse für das Verständnis von Vibe Communities.
Atmosphären als ästhetische Grundkategorie (Böhme)
Der Philosoph Gernot Böhme hat mit seiner Konzeption von Atmosphären eine theoretische Perspektive eröffnet, die weit über die klassische Ästhetik hinausweist. Für Böhme sind Atmosphären nicht lediglich subjektive Empfindungen, sondern zwischen Subjekt und Objekt liegende Stimmungen, die einen Raum durchdringen und eine bestimmte Qualität des Erlebens erzeugen. Sie sind weder rein objektiv (als Eigenschaft von Dingen) noch rein subjektiv (als privates Gefühl), sondern ein „Drittes“: eine Sphäre der Co-Präsenz, die spürbar, aber schwer fassbar ist.
In der Architektur, im Design, in der Musik oder im Marketing sind Atmosphären bewusst gestaltbar. Licht, Klang, Gerüche, Farben, räumliche Arrangements und ästhetische Details erzeugen eine affektive Grundstimmung, die auf die Anwesenden übergeht. Diese „gestimmten Räume“ wirken unmittelbar auf die Wahrnehmung und auf das Körpergefühl. Für das Verständnis von Vibe Communities ist diese Perspektive zentral, weil sie erklärt, warum Zugehörigkeit in solchen Formationen nicht durch explizite Kommunikation oder institutionelle Mitgliedschaft, sondern durch das Eintreten in eine geteilte Atmosphäre entsteht. Das gemeinsame Erleben einer „geladenen Stimmung“ ersetzt die Notwendigkeit von Strukturen und Verträgen.
Während Böhme den ästhetischen Charakter von Atmosphären herausarbeitet, fokussiert Hartmut Rosa auf deren resonante Wirkung. In seiner Resonanztheorie (2016) beschreibt Rosa gelingende Weltbeziehungen nicht primär als kognitive oder instrumentelle Akte, sondern als affektive Schwingungen zwischen Subjekt und Welt. Resonanz bedeutet, dass Menschen sich von etwas berühren lassen und zugleich antwortfähig sind. Diese doppelte Bewegung – berührt werden und antworten – schafft eine Form der Lebendigkeit, die über bloße Funktionalität hinausgeht.
Für Vibe Communities ist dieser Gedanke von großer Bedeutung. Das kollektive Erleben einer Atmosphäre führt dann zu Gemeinschaft, wenn es resonant wirkt: wenn Individuen nicht nur passiv in einer Stimmung gefangen sind, sondern aktiv in Schwingung mit ihr treten. Resonanz erklärt, warum bestimmte Momente – etwa ein gemeinsamer Festival-Tanz im Sonnenaufgang oder ein synchronisierter Lauf in einer Urban Running Crew – als besonders intensiv und verbindend erlebt werden. Es geht nicht nur darum, dass eine Atmosphäre erzeugt wird, sondern dass sie subjektiv und intersubjektiv beantwortet wird. Resonanz ist daher die Brücke zwischen ästhetisch erzeugter Atmosphäre und affektiv erlebtem Vibe.
Einen weiteren Schlüssel liefert die Ritualtheorie von Randall Collins. In seiner Theorie der Interaction Ritual Chains (2004) beschreibt Collins, wie soziale Energie in dichten Interaktionen entsteht. Vier Bedingungen sind dabei zentral: die körperliche Ko-Präsenz von Individuen, ein gemeinsamer Fokus der Aufmerksamkeit, eine geteilte emotionale Stimmung und das Bewusstsein der Abgrenzung nach außen. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, entsteht eine emotionale Energie, die die Teilnehmer stärkt und langfristig soziale Bindungen erzeugt.
Für Vibe Communities ist dieses Modell hoch anschlussfähig: Sie entstehen genau in solchen Situationen, in denen eine geteilte Atmosphäre durch Rituale, Symbole und Synchronisation verdichtet wird. Beispiele sind das gemeinsame Singen oder Tanzen bei Konzerten, kollektives Schwitzen bei Hyrox-Events oder die performative Ästhetik von Streetwear-Drops, bei denen das Warten in der Schlange und das Teilen der Codes selbst zum Ritual wird. Collins zeigt, dass es gerade diese verkörperten Interaktionen sind, die ein starkes Zugehörigkeitsgefühl erzeugen – auch wenn die Gruppe selbst lose organisiert bleibt.
Aus diesen theoretischen Perspektiven lässt sich eine wichtige Unterscheidung ableiten: Atmosphäre und Vibe sind nicht identisch. Atmosphäre bezeichnet die Gestaltungsdimension: die Mittel, mit denen Räume, Situationen und Erlebnisse affektiv aufgeladen werden. Sie ist das, was geschaffen, kuratiert und inszeniert werden kann – durch Marken, Architekten, Designer, DJs oder Event-Organisatoren. Der Vibe hingegen beschreibt das affektive Erleben dieser Atmosphäre. Er ist die subjektive wie intersubjektive Resonanz, die dann entsteht, wenn Atmosphären tatsächlich wirken und kollektiv beantwortet werden. Atmosphäre ist damit das Angebot, Vibe die Resonanzantwort.
In Vibe Communities bedeutet dies: Marken, Veranstalter oder Szenen können Atmosphären erzeugen, doch ob daraus ein Vibe entsteht, hängt von der affektiven Kohärenz und Synchronisation der Teilnehmenden ab. Ein perfekt inszenierter Raum bleibt kalt, wenn keine Resonanz entsteht; umgekehrt kann eine improvisierte, unperfekte Situation hoch vibrierend sein, wenn affektive Synchrony einsetzt.
Die Verbindung der Ansätze von Böhme, Rosa und Collins erlaubt es, Vibe Communities präzise zu fassen:
Damit wird deutlich: Vibe Communities entstehen nicht durch Mitgliedschaft oder Loyalität, sondern durch atmosphärische Angebote, affektive Resonanz und ritualisierte Synchronisation. Sie sind flüchtig, aber hochintensiv; lose organisiert, aber stark bindend im Moment; ästhetisch kuratiert, aber affektiv emergent.
Ein zentrales Merkmal von Vibe Communities ist die besondere Rolle körperlicher Vitalität und hedonistischen Erlebens als Bindungsmechanismen. Während klassische Brand Communities ihre Stabilität über Markenloyalität, symbolische Identifikation und soziale Verpflichtung gewannen, operieren Vibe Communities stärker im Bereich des affektiven Erlebens, der verkörperten Intensität und der unmittelbaren Lust am Moment. Um diese Logik zu verstehen, lohnt sich eine systematische Auseinandersetzung mit psychologischen, kultursoziologischen und konsumtheoretischen Perspektiven auf Vitalität und Hedonismus.
Die Psychologie beschreibt Vitalität als Gefühl von Lebendigkeit, Energie und Selbstwirksamkeit. Sie steht in enger Verbindung zur Theorie des Flow-Erlebens von Mihály Csikszentmihalyi (1990). Flow bezeichnet jenen Zustand, in dem Menschen vollkommen in einer Tätigkeit aufgehen, in dem Anforderungen und Fähigkeiten in optimalem Verhältnis stehen und dadurch ein Gefühl völliger Präsenz, Kontrolle und Erfüllung entsteht. Flow-Erfahrungen sind hochgradig selbstbelohnend und führen zu einer gesteigerten Bindung an die jeweilige Tätigkeit.
In Vibe Communities spielt Flow eine zentrale Rolle: Ob beim kollektiven Laufen in einer Urban Running Crew, beim Schwitzen in Hyrox-Wettkämpfen oder beim ekstatischen Tanzen auf Festivals – die Mitglieder erleben einen Zustand intensiver Vitalität, der nicht nur individuell, sondern kollektiv synchronisiert auftritt. Hierbei entsteht ein spezifisches Gemeinschaftsgefühl: Das „Wir“ bildet sich nicht über Verträge oder Identitätssymbole, sondern über die gemeinsame Erfahrung von gesteigerter Lebendigkeit.
Darüber hinaus verweist die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1985) auf die Bedeutung psychologischer Grundbedürfnisse – Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit – für das Erleben von Vitalität. Vibe Communities erfüllen diese Bedürfnisse auf besondere Weise: Sie bieten Autonomie durch freiwillige und offene Teilnahme, Kompetenz durch herausfordernde, aber bewältigbare Praktiken (z. B. sportliche Leistungen, ästhetische Performances) und soziale Eingebundenheit durch affektive Synchronisation mit anderen. Das Resultat ist ein kollektives Gefühl von Vitalität, das weit über individuelles Fitness- oder Leistungserleben hinausgeht.
Parallel zur Vitalität bildet der Hedonismus – verstanden als Suche nach Genuss, Lust und ästhetischer Intensität – einen weiteren Kern der Vibe-Logik. Während in klassischen Gemeinschaften Werte wie Pflicht, Loyalität oder moralische Verantwortung dominierten, rücken in Vibe Communities ästhetische Erlebnisse und affektive Höhepunkte in den Vordergrund. Der Hedonismus in diesem Kontext ist nicht nur ein individueller Konsumwunsch, sondern eine kollektive Praxis der Sinnessteigerung.
Bereits Sigmund Freud sah im Lustprinzip eine grundlegende Triebfeder menschlichen Verhaltens: Menschen streben danach, Unlust zu vermeiden und Lust zu maximieren. In der spätmodernen Konsumgesellschaft wird dieses Streben zunehmend in ästhetischen, kulturellen und gemeinschaftlichen Praktiken ausgelebt. Der Soziologe Jean Baudrillard beschrieb Konsum nicht mehr primär als Befriedigung von Bedürfnissen, sondern als ästhetisches und symbolisches System, in dem Zeichen, Stile und Atmosphären selbst zum Objekt des Begehrens werden. Genuss bedeutet hier nicht nur den Konsum von Produkten, sondern das Eintauchen in symbolisch aufgeladene Erlebniswelten.
Für Vibe Communities bedeutet dies: Der Hedonismus materialisiert sich in ästhetischen Ausdrucksformen und ritualisierten Praktiken, die kollektive Zugehörigkeit erzeugen. Beispiele sind die codierten Outfits von Streetwear-Communities, die visuelle Inszenierung von Food-Festivals oder die immersive Ästhetik elektronischer Musik-Events. Der gemeinsame Genuss wird zum Medium, durch das Gemeinschaft entsteht. Es geht nicht mehr um das einzelne Produkt, sondern um den „Vibe“ als hedonistisches Erleben in einer ästhetisch gestimmten Atmosphäre.
Ein besonderes Merkmal von Vibe Communities ist die Doppelstruktur aus Vitalität und Hedonismus. Auf der einen Seite steht das Erleben von körperlicher Energie, Anstrengung und Lebendigkeit (z. B. Sport, Bewegung, körperliche Performance). Auf der anderen Seite steht das Erleben von Genuss, Lust und ästhetischer Intensität (z. B. Musik, Mode, Food, Festivalerfahrung). Beide Dimensionen können eigenständig wirken, sind aber in vielen Fällen eng miteinander verflochten.
Hyrox beispielsweise ist sowohl ein vitalistisches Ereignis (körperliche Grenzerfahrung, kollektives Schwitzen) als auch ein hedonistisches Spektakel (Sound, Licht, Party-Atmosphäre). Streetwear-Drops wiederum sind einerseits hedonistisch-ästhetisch (Genuss des Stils, symbolische Selbstinszenierung), enthalten aber auch vitalistische Elemente (die körperliche Präsenz beim Warten in der Schlange, das Adrenalin des Moments). Vibe Communities verbinden also körperliche Intensität mit ästhetischem Genuss zu einer neuen Form kollektiver Zugehörigkeit.
Vitalität und Hedonismus erfüllen in Vibe Communities eine Funktion, die in klassischen Brand Communities Loyalität und Identifikation innehatten: Sie wirken als Bindungsmechanismen. Während Brand Communities durch dauerhafte Identität zusammengehalten werden, entstehen Vibe Communities durch die geteilte affektive Intensität. Hier zeigt sich ein grundlegender Paradigmenwechsel: Das „Wir“ ist nicht das Resultat einer langfristigen Verpflichtung, sondern das Produkt einer gemeinsam erlebten, ästhetisch codierten Stimmung.
Diese affektive Bindung ist oft flüchtig, aber nicht weniger intensiv. Sie funktioniert episodisch: ein gemeinsames Training, ein Drop-Event, ein Festivalabend – Momente, die sich tief einprägen, aber nicht notwendigerweise zu dauerhaften Institutionen führen. Dennoch sind diese Momente für die Teilnehmer von hoher subjektiver Bedeutung, weil sie das Gefühl kollektiver Lebendigkeit und gemeinsamer Sinnlichkeit erzeugen.
Die theoretische Auseinandersetzung mit Vitalität und Hedonismus zeigt, dass diese beiden Dimensionen die emotionalen und körperlichen Triebkräfte darstellen, auf denen Vibe Communities basieren. Sie ersetzen nicht nur die klassischen Mechanismen von Mitgliedschaft und Loyalität, sondern schaffen eine völlig neue Form von Gemeinschaft: eine, die durch Affekt, Intensität und ästhetische Praxis konstituiert ist.
Vitalität wirkt dabei als Erlebnis der kollektiven Lebendigkeit, das sich in synchronen Bewegungen, körperlicher Präsenz und Flow-Zuständen manifestiert. Hedonismus wirkt als ästhetische Lust und Genussdimension, die sich in symbolischen Codes, visuellen Stilen und ritualisierten Praktiken ausdrückt. Zusammen bilden sie die Grundlage dafür, dass Vibe Communities in der Lage sind, trotz fehlender institutioneller Struktur ein starkes Gefühl von Zugehörigkeit zu erzeugen.
Die Frage nach der Rolle von Marken in Vibe Communities ist entscheidend, um die praktische Relevanz des theoretischen Phänomens zu verstehen. Während klassische Brand Communities von einer klaren Zentrierung der Marke ausgingen – die Marke war identitätsstiftendes Symbol, Kommunikationsmittelpunkt und Referenzrahmen für alle gemeinschaftlichen Aktivitäten –, verschiebt sich in Vibe Communities diese Logik fundamental. Marken sind hier nicht länger das Zentrum, sondern übernehmen die Rolle von Atmosphärenarchitekten, Resonanzverstärkern und Code-Lieferanten. Um diese Verschiebung in ihrer Tiefe zu verstehen, muss die Entwicklung der marketingtheoretischen Perspektiven auf Gemeinschaft nachvollzogen werden.
Die klassische Theorie der Brand Communities, wie sie von Muniz und O’Guinn (2001) entwickelt wurde, betonte drei zentrale Merkmale: Bewusstsein gemeinsamer Zugehörigkeit, gemeinsame Rituale und Traditionen sowie moralische Verantwortung unter den Mitgliedern. Empirische Beispiele wie Harley-Davidson oder Apple zeigten, dass Marken über Jahrzehnte hinweg in der Lage waren, loyale Konsumentengemeinschaften aufzubauen, die ihre Identität stark mit der Marke verknüpften. Marken waren dabei das unangefochtene Zentrum der Gemeinschaft: ohne die Marke keine Community.
Mit der weiteren Entwicklung der Konsumgesellschaft haben sich jedoch hybride Vergemeinschaftungen herausgebildet, die nicht mehr ausschließlich markenzentriert sind. Die Forschung zu Consumption Communities (Cova & Kozinets, 2007) zeigte bereits, dass Konsum nicht nur über eine Marke organisiert sein kann, sondern über Praktiken, Symbole und kulturelle Codes, die verschiedene Marken, Produkte und Lebensstile miteinander verbinden. Dennoch blieb auch hier die Annahme bestehen, dass Gemeinschaft durch eine gewisse Stabilität in Praktiken, Symbolen oder Markenidentifikationen gewährleistet sein muss.
Die Realität spätmoderner Konsumkulturen widerspricht jedoch zunehmend dieser Logik. Gemeinschaften bilden sich heute flüchtiger, temporärer und stärker affektiv-atmosphärisch. Die Konsumenten von heute sind postloyal: Sie sind nicht mehr bereit, sich langfristig an eine Marke zu binden, sondern orientieren sich an Atmosphären, Stimmungen und ästhetischen Resonanzen. Damit verschiebt sich das Paradigma von Markenzentrierung zu Atmosphärenzentrierung.
In Vibe Communities spielen Marken dennoch eine wichtige Rolle – allerdings nicht mehr als Mittelpunkt, sondern als Gestalter atmosphärischer Räume. Sie liefern ästhetische Umgebungen, symbolische Marker und kulturelle Codes, die Resonanz ermöglichen. Das kann durch räumliche Inszenierungen (Pop-up-Stores, Event-Design), durch stilistische Elemente (Mode, Logos, Sounds) oder durch digitale Interfaces (Instagram-Filter, Hashtags, visuelle Kampagnen) geschehen. Marken sind also nicht mehr Gatekeeper der Gemeinschaft, sondern Katalysatoren des Vibes.
Ein Beispiel hierfür sind Sneaker Drops von Nike oder Adidas. Hier bildet nicht die Marke selbst die Community, sondern die Atmosphäre des Ereignisses: das Warten, die Aufregung, die ästhetische Codierung des Moments. Nike schafft den Rahmen, doch der eigentliche „Vibe“ entsteht im affektiven Zusammenspiel der Teilnehmer, in ihren Gesten, Outfits, Posts und Stories. Die Marke ist hier nicht das Zentrum, sondern die architektonische Struktur, die Resonanz ermöglicht.
Neben der atmosphärischen Gestaltung übernehmen Marken die Funktion von Resonanzverstärkern. Sie amplifizieren das, was Konsumenten bereits empfinden, und sorgen dafür, dass es sichtbar, teilbar und anschlussfähig wird. In sozialen Medien etwa nutzen Marken die Logik des Hashtags oder der Story-Ästhetik, um bestehende Stimmungen aufzugreifen und zu verbreiten. Sie treten nicht mehr als hierarchische Sprecher auf, sondern als Verstärker kollektiver Affekte.
Hier unterscheidet sich das Marketing für Vibe Communities fundamental vom klassischen Community-Marketing: Während in Brand Communities Kommunikation stark von der Marke gesteuert wurde, ist sie in Vibe Communities bottom-up, co-kreativ und performativ. Die Marke verstärkt, kuratiert und verstetigt die Stimmungen, die von den Mitgliedern selbst erzeugt werden. Resonanz entsteht in dieser Konstellation nicht durch top-down-Strategien, sondern durch affektive Kopplung von Konsumentenaktivitäten und Markenbotschaften.
Eine weitere zentrale Rolle übernehmen Marken als Lieferanten ästhetischer Codes. Vibe Communities funktionieren über Stimmungscodes – visuelle, auditive, gestische oder sprachliche Marker, die Zugehörigkeit signalisieren. Marken liefern diese Codes, ohne sie vollständig zu kontrollieren. Ein Logo, ein Farbset, ein Kleidungsstück oder ein Sound können zu kulturellen Signifikanten werden, die von Konsumenten in ihren eigenen Praktiken adaptiert, verändert und performativ genutzt werden.
Ein Beispiel ist die Supreme-Community. Zwar ist Supreme eine Marke, doch der eigentliche „Vibe“ entsteht nicht durch Markentreue im klassischen Sinn, sondern durch die ästhetische Codierung, die durch Konsumenten aufgegriffen und weitergetragen wird. Der rote Schriftzug ist weniger Markensymbol im engeren Sinn als Code für Zugehörigkeit zu einer bestimmten Atmosphäre: urban, rebellisch, exklusiv. Die Marke liefert den Code, die Community schafft den Vibe.
Die Verschiebung von Brand Communities zu Vibe Communities birgt für das Marketing sowohl neue Chancen als auch erhebliche Risiken.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Während klassische Brand Communities auf der Marke als Identitätsanker basierten, beruhen Vibe Communities auf der Atmosphäre als Resonanzfeld. Marken müssen daher ihre Rolle neu definieren. Sie sind nicht länger das Zentrum einer Gemeinschaft, sondern Gestalter und Kuratoren von Atmosphären, die es ermöglichen, dass sich Resonanz entfaltet. Sie schaffen die ästhetischen Bedingungen, unter denen Konsumenten Vibes erleben und affektive Zugehörigkeit entwickeln können.
Die Marketingimplikation ist klar: Die Zukunft der Markenführung liegt weniger in der Organisation von Communities als in der Gestaltung von Resonanzarchitekturen. Marken, die es verstehen, Atmosphären zu kuratieren, Codes bereitzustellen und Resonanzprozesse zu verstärken, werden in der Lage sein, sich in einer fragmentierten Konsumkultur zu behaupten.
Die Einführung des Begriffs „Vibe Communities“ ist notwendig geworden, weil sich in den letzten Jahren eine Form sozialer Vergemeinschaftung herausgebildet hat, die durch die klassischen Kategorien der Community-Forschung nicht mehr hinreichend beschreibbar ist. Während Brand Communities auf Loyalität, Identifikation und die kontinuierliche Bezugnahme auf eine Marke als Zentrum aufgebaut waren, entstehen Vibe Communities aus Atmosphären, Affekten und ästhetischen Ausdrucksformen, die situativ erzeugt, affektiv aufgeladen und kollektiv beantwortet werden. Um diese neue Form der Zugehörigkeit wissenschaftlich zu erfassen, bedarf es einer präzisen Arbeitsdefinition und einer systematischen Erörterung ihrer Kriterien, die sie von traditionellen Formen der Gemeinschaft abgrenzt und als eigenständigen Typus kenntlich macht.
Eine geeignete Arbeitsdefinition lautet: „Vibe Communities sind lose organisierte, atmosphärisch gebundene Gruppen, die durch geteilte Stimmungscodes, ästhetische Ausdrucksformen und kollektives Erleben von Vitalität oder Hedonismus zusammengehalten werden.“ Diese Definition verweist auf drei zentrale Merkmale. Erstens die Losigkeit der Organisation, die sich vom formalen, institutionellen oder vereinsähnlichen Charakter klassischer Communities unterscheidet. Zweitens die Atmosphäre als konstitutives Prinzip, die nicht als Nebeneffekt, sondern als eigentliche Grundlage der Gemeinschaft wirkt. Drittens die Bindung durch Affekt, Vitalität oder Genuss, die eine neue Form der sozialen Kohärenz schafft, ohne dass diese in Regeln, Mitgliedschaften oder langfristigen Loyalitätsverhältnissen verankert sein müsste.
Um die spezifische Struktur von Vibe Communities zu erfassen, ist es erforderlich, diese Definition entlang wissenschaftlich operationalisierbarer Kriterien auszuführen. Das erste Kriterium ist die Temporalität, die Vibe Communities auszeichnet. Sie sind in ihrem Kern episodisch. Sie entstehen nicht aus langfristiger institutioneller Struktur, sondern in Momenten kollektiven Erlebens, die oft nur kurz andauern, aber eine intensive soziale Dichte erzeugen. Festivals, Pop-up-Stores, Flashmobs oder Urban Running Crews sind paradigmatische Beispiele. Die Zugehörigkeit ist hier an die Intensität des Augenblicks gebunden, nicht an eine dauerhafte Mitgliedschaft. Temporalität verweist somit auf die Flüchtigkeit und zugleich auf die Kraft des Ereignisses, das Gemeinschaft nicht durch Dauer, sondern durch Intensität hervorbringt.
Das zweite Kriterium ist die atmosphärische Kohärenz. Vibe Communities leben von Stimmungen, die sich durch Raum, Sound, visuelle Gestaltung und ästhetische Arrangements materialisieren. Atmosphären schaffen einen Rahmen, in dem sich affektive Resonanz entfalten kann. Sie sind nicht bloß Hintergrund, sondern die eigentliche Substanz der Gemeinschaft. Ein Hyrox-Wettkampf lebt von der Musik, der Lichtinszenierung und der Energie des Stadions ebenso wie von der sportlichen Anstrengung; ein Streetwear-Drop von der Aufregung der Schlange, den Outfits und den Smartphones, die den Moment dokumentieren. Ohne atmosphärische Rahmung würde das Gemeinschaftserleben zerfallen.
Das dritte Kriterium ist die affektive Synchronisation, also die Fähigkeit einer Gruppe, in einen emotionalen Gleichklang einzutreten. Diese Synchronisation kann sich körperlich manifestieren – etwa im kollektiven Laufen, Tanzen oder Singen – oder emotional über geteilte Gesten, Blicke und Reaktionen. Entscheidend ist, dass die Teilnehmer nicht nur nebeneinander handeln, sondern sich auf einer affektiven Ebene angleichen. Randall Collins’ Theorie der Interaktionsrituale zeigt, dass genau hier die „emotionale Energie“ entsteht, die Gemeinschaft stiftet. In Vibe Communities wird diese Synchronisation nicht durch Regeln erzwungen, sondern durch die Macht der Atmosphäre ermöglicht.
Ein weiteres zentrales Kriterium ist die Mitgliedschaftsfluidität. Vibe Communities kennen keine festen Mitgliedschaften, Eintrittserklärungen oder Abgrenzungen. Zugehörigkeit ist offen und situativ: Wer sich auf den Vibe einlässt, wird Teil der Gemeinschaft, und wer sich entzieht, verliert die Zugehörigkeit, ohne dass dies sanktioniert würde. Diese Fluidität macht Vibe Communities anschlussfähig für eine fragmentierte Gesellschaft, in der Konsumenten zwischen unterschiedlichen Szenen, Atmosphären und Kontexten wechseln. Zugleich unterscheidet sie sie fundamental von Brand Communities, die auf dauerhafter Identifikation und Loyalität beruhen.
Das fünfte Kriterium ist die ästhetische Codierung. Vibe Communities funktionieren über Symbole, Styles, Hashtags, Musik, Gesten und Performances, die Zugehörigkeit markieren. Diese Codes sind nicht nur Kommunikationsmittel, sondern ästhetische Marker kollektiver Identität. Sie strukturieren den Vibe, machen ihn wiedererkennbar und ermöglichen Anschluss. So fungieren Outfits bei Running Crews oder Festival-Accessoires wie Neonfarben, Tattoos oder Masken nicht nur als modische Details, sondern als Ausdruck ästhetischer Zugehörigkeit. Hashtags und visuelle Codes in sozialen Medien wirken als digitale Marker, die den Vibe über den Moment hinaus verlängern und global anschlussfähig machen.
Darüber hinaus ist das körperlich-emotionale Erleben ein zentrales Kriterium. Vibe Communities entstehen aus der Intensität von Vitalität und Hedonismus. Das bedeutet, dass kollektive Körperlichkeit – Schwitzen, Tanzen, Bewegen, Lachen – mit emotionaler Resonanz verschmilzt. Sportliche Vibe Communities wie Hyrox oder Urban Running Crews stützen sich auf die Erfahrung gesteigerter körperlicher Energie, während Lifestyle-orientierte Communities – etwa in der Musik-, Mode- oder Food-Kultur – auf die ästhetische Lust und den Genussmoment setzen. Gemeinsam ist beiden, dass Körper und Gefühl die Grundlage der Vergemeinschaftung bilden, nicht Rationalität oder Vertrag.
Das siebte Kriterium ist die Ritualisierung statt Organisation. Vibe Communities verfügen selten über feste Strukturen oder Institutionen, sondern werden durch wiederkehrende Mikro-Rituale stabilisiert. Dazu gehören gemeinsame Gesten, Call-and-Response-Formeln, kollektive Bewegungen oder ästhetische Routinen, die den Vibe immer wieder aktualisieren. Diese Rituale schaffen Verlässlichkeit und Wiedererkennbarkeit, ohne dass es einer formalen Organisation bedarf. Sie wirken nicht wie starre Regeln, sondern wie resonante Choreographien, die jederzeit anschlussfähig sind.
Ein weiteres Kriterium ist die mediale Verstärkung. Vibe Communities existieren nicht nur im physischen Raum, sondern immer auch in digitalen Resonanzräumen. Plattformen wie Instagram, TikTok oder Discord fungieren als Speicher, Multiplikatoren und Beschleuniger von Vibes. Sie verlängern den Moment, machen ihn sichtbar, dokumentieren und zirkulieren ihn. Die mediale Dimension sorgt dafür, dass Vibe Communities nicht lokal begrenzt bleiben, sondern globale Reichweiten entfalten können. Hashtags, Clips, Memes und virale Videos sind zentrale Mechanismen, durch die sich Vibes stabilisieren und ausbreiten.
Schließlich ist die performative Partizipation konstitutiv. Zugehörigkeit zu einer Vibe Community entsteht nicht durch bloßes Konsumieren oder passives Zuschauen, sondern durch aktive Inszenierung und Performance. Wer läuft, tanzt, postet, stylt oder inszeniert, macht sich zum Teil der Gemeinschaft. Diese Performativität ist Ausdruck der spätmodernen Konsumkultur, in der Identität zunehmend durch ästhetische Inszenierungen hergestellt wird. Sie ist zugleich der Mechanismus, der dafür sorgt, dass Vibes nicht nur erlebt, sondern auch reproduziert und weitergetragen werden.
Zusammengenommen beschreiben diese Kriterien Vibe Communities als eine Form von Gemeinschaft, die nicht auf Dauer, Loyalität oder Institutionen angewiesen ist, sondern auf Atmosphären, affektive Synchronisation und ästhetische Ausdrucksformen. Sie unterscheiden sich fundamental von Brand Communities, indem sie Zugehörigkeit nicht an die Marke, sondern an die Atmosphäre als Zentrum binden. Ihre Logik ist nicht die der Stabilität, sondern die der Intensität; nicht die der Identität, sondern die des Erlebens; nicht die der Organisation, sondern die der Resonanz.
Damit lässt sich Vibe Community als eigenständiger Community-Typus definieren, der in einer Gesellschaft der Fragmentierung, Ästhetisierung und Plattformlogik zunehmend an Bedeutung gewinnt. Ihre Analyse erlaubt nicht nur ein tieferes Verständnis spätmoderner Sozialformen, sondern liefert auch entscheidende Impulse für die Markenführung, die sich von der Verwaltung von Loyalitäten hin zur Kuratorin atmosphärischer Resonanzräume entwickeln muss.
Um die theoretisch entwickelten Konzepte von Vibe Communities empirisch zu prüfen, wurde ein Mixed-Methods-Design gewählt, das quantitative und qualitative Ansätze miteinander verbindet. Dieses Vorgehen ist besonders geeignet, weil es sowohl die Breite statistischer Generalisierbarkeit als auch die Tiefe qualitativer Kontextualisierung ermöglicht. Die Kombination beider Zugänge erlaubt es, die vorgeschlagenen Kriterien von Vibe Communities systematisch zu validieren, sie von klassischen Brand Communities abzugrenzen und zugleich die subjektiven Erlebnisdimensionen zu erfassen, die für ihre Entstehung zentral sind.
Im Zentrum der quantitativen Untersuchung stand ein standardisierter Survey mit N = 2.191 Probanden, der online durchgeführt wurde und sich an Teilnehmer verschiedener Settings richtete, die typischerweise mit Vibe Communities assoziiert werden: Sportformate wie Hyrox oder Urban Running Crews, Lifestyle- und Modeevents wie Streetwear-Drops, kulturelle Kontexte wie Musikfestivals sowie atmosphärisch aufgeladene Konsumformate wie Pop-up-Stores oder immersive Gastronomie-Konzepte. Die Stichprobe wurde stratifiziert nach Geschlecht, Altersgruppen und urban-ländlichen Kontexten, um eine breite Abdeckung der sozialen Variabilität zu gewährleisten.
Der Survey operationalisierte die im theoretischen Teil entwickelten neun Kriterien von Vibe Communities. Dazu wurden Items entwickelt, die Aspekte wie Temporalität, atmosphärische Kohärenz, affektive Synchronisation, Fluidität der Mitgliedschaft, ästhetische Codierung, körperlich-emotionales Erleben, Ritualisierung, mediale Verstärkung und performative Partizipation erfassen. Ergänzt wurden etablierte Skalen wie die Vitality Scale, die Sense of Belonging Scale oder Instrumente zur Erfassung hedonistischer Konsumerlebnisse. Darüber hinaus wurden Vergleichsitems eingesetzt, die klassische Dimensionen von Brand Communities abbilden, wie etwa Loyalität, Identifikation und Commitment. Auf diese Weise konnte empirisch überprüft werden, ob sich Vibe Communities strukturell und funktional von Brand Communities unterscheiden lassen.
Neben der quantitativen Erhebung wurde eine qualitative Tiefenanalyse durchgeführt, die aus 24 leitfadengestützten Interviews mit aktiven Teilnehmern verschiedener Vibe-Formationen bestand. Ziel war es, die subjektiven Erfahrungen der Teilnehmenden zu rekonstruieren, insbesondere in Bezug auf Peak Moments, affektive Synchronisation und die Bedeutung ästhetischer Codes. Die Interviews wurden durch teilnehmende Beobachtungen ergänzt, etwa auf Hyrox-Events, in urbanen Laufszenen oder bei Festival-Settings, wobei standardisierte Beobachtungsprotokolle die atmosphärischen Dimensionen, Rituale und performativen Elemente erfassten. Zusätzlich wurden digitale Ethnographien in Form von Social-Media-Analysen durchgeführt, um die mediale Verstärkung von Vibes zu dokumentieren.
Die Auswertung erfolgte multiperspektivisch. Quantitativ wurden Faktorenanalysen eingesetzt, um die Strukturgültigkeit der Kriterien zu überprüfen. Clusteranalysen dienten der Identifikation verschiedener Typen von Vibe Communities, differenziert nach vitalistischen (Sport, Bewegung) und hedonistischen (Lifestyle, Musik, Genuss) Ausprägungen. Mithilfe von Strukturgleichungsmodellen (SEM) konnte der Zusammenhang zwischen Vibe-Intensität und Markenbindung untersucht werden. Die qualitativen Daten wurden im Sinne der Grounded Theory kodiert, um die atmosphärischen und affektiven Mikrostrukturen zu rekonstruieren und die Ergebnisse der quantitativen Analyse zu kontextualisieren.
Das Forschungsdesign war somit darauf ausgelegt, sowohl die Validierung der theoretischen Kriterien zu leisten, als auch die Differenz zu klassischen Communities empirisch herauszuarbeiten und schließlich die Marketingrelevanz von Vibe Communities sichtbar zu machen. Durch die Triangulation der Methoden wurde ein robustes Fundament geschaffen, um Vibe Communities nicht nur als theoretisches Konstrukt, sondern als empirisch erfassbare und praktisch relevante Sozialform zu etablieren.
Die empirische Untersuchung basiert auf einer Stichprobe von N = 2.191 Probanden, die gezielt aus Kontexten rekrutiert wurden, die für das Auftreten von Vibe Communities charakteristisch sind. Um sowohl eine breite soziodemographische Abdeckung als auch eine inhaltliche Passung sicherzustellen, wurde eine mehrstufige Auswahlstrategie angewandt. Zunächst wurden vier zentrale Settings identifiziert, in denen sich Vibe Communities typischerweise manifestieren: sportliche Events wie Hyrox-Wettkämpfe oder Urban Running Crews, kulturelle Großereignisse wie Musikfestivals oder Clubkultur-Events, lifestyleorientierte Szenen wie Streetwear-Drops und Sneaker-Kulturen sowie konsumästhetische Formate wie Pop-up-Stores oder immersive Gastronomie-Erlebnisse. Diese Felder decken die beiden zentralen Achsen von Vibe Communities ab: Vitalität (körperlich-sportliche Intensität) und Hedonismus (ästhetisch-genussvolle Intensität).
Die Rekrutierung der Teilnehmer erfolgte über eine Kombination aus Online-Panels, gezielten Social-Media-Aufrufen in einschlägigen Gruppen (z. B. Instagram-Communities rund um Running Crews oder Sneaker-Kultur) sowie über Kooperationen mit Eventveranstaltern, die Zugang zu aktiven Teilnehmern ermöglichten. Die Stichprobe wurde nach Geschlecht, Alter, Bildung und Wohnort (urban vs. ländlich) stratifiziert, um Verzerrungen zu vermeiden. Rund 54 % der Befragten waren männlich, 45 % weiblich, 1 % divers; das Alter spannte sich von 18 bis 55 Jahren, wobei eine Konzentration auf die Alterskohorten zwischen 20 und 35 Jahren deutlich wurde – ein Befund, der auch dem empirischen Eindruck entspricht, dass Vibe Communities besonders stark in jüngeren, urbanen Milieus auftreten.
Für die Operationalisierung der theoretisch abgeleiteten Kriterien von Vibe Communities wurde ein Fragebogen entwickelt, der aus einer Kombination standardisierter Skalen und neu formulierter Items bestand. Die Dimension der Temporalität wurde durch Items erfasst, die die Erfahrung von Episodizität und Einmaligkeit thematisierten, etwa Aussagen wie „Die Gemeinschaft existierte nur für diesen Moment, fühlte sich aber intensiv an“. Die atmosphärische Kohärenz wurde operationalisiert durch Items zu Raumwahrnehmung, Sound, Licht, visuellen Eindrücken und der Frage, inwiefern diese Elemente als stimmig und prägend erlebt wurden. Affektive Synchronisation wurde über Skalen zur emotionalen Konvergenz erhoben, etwa „Ich hatte das Gefühl, mit den anderen in einer gemeinsamen Stimmung zu sein“ oder „Unsere Emotionen waren im Gleichklang“.
Die Mitgliedschaftsfluidität wurde operationalisiert über Fragen zur Offenheit und Durchlässigkeit, etwa: „Es war leicht, Teil der Gruppe zu sein, ohne dass ich dazugehören musste“ oder „Ich fühlte mich verbunden, obwohl ich niemanden persönlich kannte“. Ästhetische Codierung wurde erfasst über Indikatoren wie Style, Kleidung, Symbole oder digitale Marker (Hashtags, Emojis), die Zugehörigkeit signalisierten. Für das körperlich-emotionale Erleben wurden standardisierte Skalen wie die Subjective Vitality Scale (Ryan & Frederick, 1997) sowie Items zu Hedonismus (z. B. „Ich empfand Freude und Genuss in dieser Situation“) eingesetzt.
Die Dimension Ritualisierung wurde operationalisiert über Fragen zu wiederkehrenden Gesten, symbolischen Praktiken oder kollektiven Routinen, etwa „Es gab kleine Rituale oder Gesten, die uns verbunden haben“. Mediale Verstärkung wurde durch Items erfasst, die den Einfluss digitaler Plattformen beleuchteten: „Das Erlebnis wurde durch Social Media verstärkt“ oder „Das Teilen auf Instagram/TikTok war Teil des Moments“. Schließlich wurde performative Partizipation operationalisiert durch Fragen zum aktiven Gestalten und Inszenieren: „Ich habe bewusst etwas beigetragen, um Teil des Erlebnisses zu sein“ oder „Ich fühlte mich durch meine eigene Performance als Mitglied der Gruppe“.
Zum Vergleich mit klassischen Brand Communities wurden etablierte Skalen zu Loyalität, Commitment und Identifikation herangezogen. Dazu gehörten u. a. Items wie „Ich fühle mich der Marke langfristig verpflichtet“, „Die Marke ist Teil meiner Identität“ oder „Ich verteidige die Marke gegenüber Kritik“. Durch diese parallele Messung war es möglich, Vibe Communities strukturell und funktional von Brand Communities abzugrenzen und Unterschiede in der Bindungslogik empirisch herauszuarbeiten.
Die quantitative Erhebung wurde ergänzt durch qualitative Verfahren, die eine tiefere Kontextualisierung ermöglichten. Die Auswahl der Interviewpartner erfolgte nach dem Prinzip des theoretical sampling (Glaser & Strauss, 1967), um möglichst unterschiedliche Ausprägungen von Vibe Communities abzudecken. 24 leitfadengestützte Interviews wurden durchgeführt, die die subjektive Erfahrung in den Mittelpunkt stellten. Dabei standen Fragen im Vordergrund wie: „Beschreiben Sie den intensivsten Moment, in dem Sie sich als Teil der Gruppe gefühlt haben“ oder „Welche Symbole oder Codes haben für Sie die Zugehörigkeit ausgedrückt?“. Zusätzlich wurden Beobachtungen in Feldsettings (Hyrox, Festivals, Streetwear-Drops) dokumentiert, wobei die Forscher*innen systematisch Atmosphären, Rituale und Performanzen erfassten. Ergänzend wurden Social-Media-Daten (Hashtags, Posts, Kommentare) als digitale Spuren herangezogen, um die mediale Verstärkung von Vibes zu untersuchen.
Diese Kombination von breiter quantitativer Messung und detaillierter qualitativer Kontextualisierung gewährleistet, dass die Kriterien von Vibe Communities nicht nur theoretisch plausibel, sondern auch empirisch überprüfbar und erfahrungsnah sind. Das Vorgehen erlaubt es zudem, die Unterschiede zu Brand Communities nicht abstrakt, sondern auf Basis konkreter Daten und Erlebnisse zu erfassen. Auf diese Weise liefert die Operationalisierung ein robustes Fundament, um Vibe Communities als eigenständigen Community-Typus wissenschaftlich zu beschreiben und zugleich ihre Relevanz für Marken und Marketingpraxis zu verdeutlichen.
Die zentrale methodische Herausforderung der Untersuchung bestand darin, die theoretisch entwickelten Kriterien von Vibe Communities in ein empirisch überprüfbares Instrumentarium zu überführen. Die Operationalisierung musste dabei zweierlei leisten: Zum einen galt es, die ästhetisch-atmosphärischen und affektiven Dimensionen, die den Kern von Vibe Communities ausmachen, in messbare Indikatoren zu übersetzen. Zum anderen war es notwendig, einen Vergleich mit klassischen Community-Formen zu ermöglichen, um empirisch nachweisen zu können, dass es sich bei Vibe Communities tatsächlich um eine neue, eigenständige Form von Gemeinschaft handelt. Dieser Spagat erforderte die Entwicklung eines Mixed-Methods-Instrumentariums, das sowohl standardisierte psychologische Skalen als auch eigens entwickelte Items integrierte.
Die Dimension Atmosphäre wurde durch eine Serie von Items erfasst, die die Wahrnehmung von Raum, Sound und Ästhetik in Situationen kollektiver Teilhabe abbilden. Dabei stand weniger die rein physische Beschreibung im Vordergrund als vielmehr die erlebte Stimmung, die sich zwischen Individuum und Umgebung entfaltet. Fragen wie „Der Raum fühlte sich energiegeladen an“ oder „Die Licht- und Soundgestaltung haben wesentlich zur Stimmung beigetragen“ dienten dazu, die von Gernot Böhme beschriebene Qualität der Atmosphären als ästhetische Zwischen-Sphären messbar zu machen. Ergänzend wurden semantische Differenzialskalen eingesetzt, die Atmosphären in Begriffspaaren wie „leer – intensiv“, „kühl – warm“, „beliebig – stimmig“ verorten. Auf diese Weise konnte die affektive Rahmung eines Ereignisses in standardisierter Form erfasst und zugleich für verschiedene Settings vergleichbar gemacht werden.
Die Dimension Vibe selbst wurde über zwei komplementäre Ansätze operationalisiert: die Erfassung von Vitalität und von Hedonismus. Zur Messung von Vitalität wurde auf die etablierte Subjective Vitality Scale (Ryan & Frederick, 1997) zurückgegriffen, ergänzt um Items aus dem positiven Affektbereich des PANAS-Instruments (Positive and Negative Affect Schedule, Watson et al., 1988). Hierdurch konnten Gefühle wie Energie, Lebendigkeit, Kraft und Begeisterung zuverlässig erfasst werden. Die Dimension des Hedonismus wurde über Skalen zur Erfassung von Genuss, Freude und ästhetischer Intensität operationalisiert. Items wie „Ich empfand in diesem Moment ein hohes Maß an Freude“, „Die Erfahrung war für mich lustvoll“ oder „Ich genoss die ästhetische Inszenierung intensiv“ zielten auf die unmittelbare affektive Qualität der Situation. Ergänzt wurden diese Skalen durch offene Fragen in den qualitativen Interviews, die die subjektiven Beschreibungen von Lust, Genuss und ästhetischer Aufladung in den Vordergrund rückten. So konnte sichergestellt werden, dass der Vibe nicht nur als atmosphärisches Konstrukt, sondern als konkret erlebte und benennbare Intensität erfasst wurde.
Für die Dimension Zugehörigkeit wurde auf bestehende sozialpsychologische Instrumente zurückgegriffen, um eine Verbindung zwischen der neuen Konzeption von Vibe Communities und bewährten Messverfahren herzustellen. Die Sense of Belonging Scale (Hagerty & Patusky, 1995) erfasste das Grundgefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, auch wenn diese keine formale Organisation besitzt. Darüber hinaus wurden Identifikationsskalen eingesetzt, die aus der Forschung zu sozialen Identitäten stammen und Fragen wie „Ich fühlte mich in dieser Situation als Teil einer größeren Gruppe“ oder „Das Erlebnis gab mir ein Gefühl von Zugehörigkeit“ enthielten. Auf diese Weise konnte überprüft werden, ob Vibe Communities trotz fehlender institutioneller Strukturen das Potenzial besitzen, affektive Bindung und ein subjektives „Wir-Gefühl“ hervorzurufen.
Die eigentliche Kriterienprüfung der neun theoretisch abgeleiteten Merkmale von Vibe Communities erforderte die Entwicklung spezifischer Items. Für die Temporalität wurden Fragen formuliert, die den episodischen Charakter solcher Vergemeinschaftungen abbildeten, etwa „Die Gruppe existierte nur für diesen Moment“ oder „Die Intensität war hoch, auch wenn es keine dauerhafte Struktur gab“. Die Fluidität der Mitgliedschaft wurde durch Items operationalisiert, die die Offenheit und Niedrigschwelligkeit der Zugehörigkeit erfassen sollten: „Es war einfach, dazuzugehören, ohne dass ich eine feste Mitgliedschaft brauchte“. Ritualisierung wurde mit Fragen erfasst, die auf wiederkehrende Gesten, kleine Routinen oder symbolische Handlungen zielten, die den Zusammenhalt im Moment stärkten, wie etwa gemeinsames Klatschen, Rufen oder performative Praktiken. Die digitalen Codes als Teil der Kriterien wurden durch Items zu Social Media und digitalen Plattformen operationalisiert, etwa „Das Erlebnis wurde durch Hashtags oder Posts verstärkt“ oder „Das Teilen auf Instagram/TikTok war Teil des Erlebnisses“. Damit wurde die mediale Dimension der Verstärkung und Verlängerung des Vibes empirisch messbar gemacht.
Ein weiterer methodischer Schritt bestand darin, einen Vergleich zu klassischen Brand Communities einzubauen. Um zu prüfen, ob Vibe Communities nicht lediglich eine Variante von Markenloyalität darstellen, wurden standardisierte Skalen zu Loyalität, Commitment und Markenidentifikation integriert. Dazu gehörten Items wie „Ich fühle mich dieser Marke langfristig verbunden“, „Ich würde die Marke gegen Kritik verteidigen“ oder „Die Marke ist Teil meiner persönlichen Identität“. Auf diese Weise konnte überprüft werden, ob Vibe Communities überhaupt in der Lage sind, ähnliche Bindungseffekte wie klassische Communities zu erzeugen, oder ob sie tatsächlich einer anderen Logik folgen, die stärker auf Affekt und Resonanz basiert.
Die qualitative Operationalisierung ergänzte diese standardisierten Verfahren durch offene, narrative Elemente, die es den Teilnehmern erlaubten, ihre subjektiven Erfahrungen frei zu beschreiben. So wurden sie etwa gebeten, den intensivsten Moment der Zugehörigkeit während eines Events zu schildern oder zu erläutern, welche Symbole, Styles oder Codes für sie entscheidend waren, um sich als Teil der Gemeinschaft zu fühlen. Diese qualitativen Daten dienten nicht nur der Illustration, sondern auch der Validierung der quantitativen Ergebnisse, indem sie die affektiven und ästhetischen Dimensionen der Vibe-Erfahrungen in dichterer Form dokumentierten.
Zusammengenommen zeigt die Operationalisierung, dass Vibe Communities sowohl mit bestehenden psychologischen Instrumenten als auch mit eigens entwickelten Items erfasst werden können. Durch die Integration von Skalen zu Atmosphäre, Vitalität, Hedonismus und Zugehörigkeit einerseits und von Kriterien wie Temporalität, Fluidität, Ritualisierung und digitalen Codes andererseits wurde ein kohärentes Messmodell geschaffen, das die Eigenlogik von Vibe Communities empirisch zugänglich macht. Gleichzeitig erlaubte der Vergleich mit klassischen Skalen zu Loyalität und Commitment, die Differenz zu Brand Communities analytisch sichtbar zu machen. Damit wurde ein methodisches Fundament gelegt, das nicht nur die theoretische Konzeption überprüft, sondern auch eine differenzierte empirische Abgrenzung erlaubt und so die Grundlage für die nachfolgende Ergebnisdarstellung bildet.
Die Erhebung der Daten folgte einem bewusst triangulierten Ansatz, um die Kriterien der Vibe Communities sowohl quantitativ messbar als auch qualitativ erfahrbar zu machen. Im Zentrum stand ein Online-Survey mit einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von etwa zwanzig Minuten. Dieser umfasste standardisierte Skalen wie die Subjective Vitality Scale, die Sense of Belonging Scale und Items aus dem PANAS-Instrument, ergänzt um eigens entwickelte Fragen, die Temporalität, Fluidität, Ritualisierung und digitale Codes abbildeten. Ziel war es, die im theoretischen Teil entwickelten Kriterien in standardisierte Messgrößen zu überführen, die statistisch überprüfbar sind. Mit einer Fallzahl von 2.191 Probanden war die Datenbasis ausreichend groß, um auch differenzierte Analysen nach Altersgruppen, Geschlecht und Szenenzugehörigkeit vorzunehmen.
Um die surveybasierten Daten zu kontextualisieren, wurden zusätzlich Feldbeobachtungen in vier Settings durchgeführt: bei sportlichen Events wie Hyrox, in urbanen Running Crews, auf Musikfestivals und bei Streetwear-Drops. Diese Settings wurden gewählt, weil sie paradigmatisch für unterschiedliche Ausprägungen von Vibe Communities stehen – vitalitätsorientiert, hedonistisch oder hybrid. Die Beobachtungen erfolgten auf Grundlage standardisierter Protokolle, die atmosphärische Dimensionen, Rituale, Synchronisation und ästhetische Codes erfassten. Damit sollte sichergestellt werden, dass die flüchtige und oft schwer greifbare Logik der Vibes systematisch dokumentiert und für spätere Vergleiche nutzbar gemacht werden konnte.
Ergänzt wurde das Design durch 24 leitfadengestützte Tiefeninterviews mit aktiven Teilnehmern. Diese Gespräche konzentrierten sich auf die subjektive Perspektive und zielten insbesondere auf die Rekonstruktion sogenannter „Peak Moments“ ab – jener Augenblicke maximaler Intensität, in denen Zugehörigkeit, Resonanz und Atmosphäre am stärksten erfahren werden. Darüber hinaus wurden die Interviewpartner gebeten, die Rolle ästhetischer Marker, digitaler Codes und Mikro-Rituale in ihrem Zugehörigkeitserleben zu reflektieren. Diese Interviews bildeten den qualitativen Kern der Studie und machten die subjektiven Sinnzuschreibungen sichtbar, die hinter den quantitativen Befunden stehen.
Die Datenerhebung stützte sich damit auf drei komplementäre Säulen: einen breiten quantitativen Survey, systematische Feldbeobachtungen und qualitative Tiefeninterviews. Durch diese Kombination wurde gewährleistet, dass Vibe Communities sowohl in ihrer Breite empirisch erfasst als auch in ihrer Tiefe rekonstruierbar sind.
Die Auswertung folgte der doppelten Logik quantitativer Strukturanalyse und qualitativer Tiefeninterpretation. Im ersten Schritt wurden die Daten des Online-Surveys mit Hilfe von explorativen und konfirmatorischen Faktorenanalysen geprüft, um die Struktur der postulierten Kriterien zu validieren. Die Ergebnisse zeigten, dass die neun Dimensionen – darunter Temporalität, atmosphärische Kohärenz, affektive Synchronisation und mediale Verstärkung – statistisch als eigenständige Faktoren rekonstruierbar waren, zugleich aber signifikant miteinander korrelierten. Damit wurde die theoretische Annahme gestützt, dass Vibe Communities ein kohärentes, aber multidimensionales Phänomen darstellen.
Darüber hinaus kamen Clusteranalysen zum Einsatz, um Typologien von Vibe Communities zu identifizieren. Zwei dominante Muster konnten herausgearbeitet werden: vitalitätsorientierte Communities, die vor allem durch körperliche Energie und Flow-Erlebnisse geprägt sind, sowie hedonistisch-ästhetische Communities, deren Kitt im gemeinsamen Genuss, in Stilpraktiken und in atmosphärischer Inszenierung liegt. Mischformen wie Hyrox, die Elemente beider Logiken kombinieren, belegten die Flexibilität und Durchlässigkeit dieser Typologien.
Zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Vibe-Intensität, Zugehörigkeit und Markenwahrnehmung wurden Regressionsanalysen und Strukturgleichungsmodelle (SEM) angewandt. Diese Modelle zeigten, dass Vibe-Intensität ein signifikanter Prädiktor für das Erleben von Zugehörigkeit, für affektive Bindung und für positive, wenn auch situativ begrenzte Markenwahrnehmung ist. Im Gegensatz dazu hatten klassische Indikatoren wie Loyalität oder langfristige Identifikation nur einen geringen Erklärungswert, was die These einer veränderten Bindungslogik empirisch stützt.
Die qualitativen Daten wurden nach den Prinzipien der Grounded Theory ausgewertet. Durch offenes und axiales Kodieren konnten Kategorien wie „verdichtete Atmosphäre“, „affektive Synchronisierung“ oder „ästhetische Marker der Zugehörigkeit“ herausgearbeitet werden. Diese Kategorien ergänzten die quantitativen Befunde und lieferten dichte Beschreibungen, die die affektive Intensität und die performative Logik der Vibe Communities verdeutlichten.
Die Triangulation beider Datenarten stellte sicher, dass die Befunde nicht nur statistisch belastbar, sondern auch erfahrungsnah sind. So entstand ein Bild, das Vibe Communities als empirisch fassbare, atmosphärisch und affektiv getragene Gemeinschaftsformen sichtbar machte, die sich klar von klassischen Brand Communities unterscheiden und deren Relevanz für das Marketing auf einer neuen Ebene erschließt.
Die Auswertung der Erhebung mit N = 2.191 Probanden bestätigt in hohem Ausmaß die theoretische Annahme, dass Vibe Communities eine eigenständige, atmosphärisch-affektive Form der Vergemeinschaftung darstellen, die sich sowohl strukturell als auch funktional von klassischen Brand Communities unterscheidet. Im Folgenden werden die zentralen empirischen Befunde entlang von fünf Ergebnisfeldern dargestellt: die Bestätigung der Kriterien, die Typologie vibebasierter Formationen, die Differenzen zu markenzentrierten Gemeinschaften, die Bedingungen ihrer Bildung sowie die Zusammenhänge zwischen Vibe-Intensität und Markenbindung auf Basis der Strukturgleichungsmodelle.
Die faktorenanalytische Prüfung der postulierten Struktur ergab eine neunfaktorige Lösung, die die Kriterien Temporalität, atmosphärische Kohärenz, affektive Synchronisation, Mitgliedschaftsfluidität, ästhetische Codierung, körperlich-emotionales Erleben, Ritualisierung, mediale Verstärkung und performative Partizipation als differenzierte, aber korrelierte Dimensionen abbildet. Der Kaiser-Meyer-Olkin-Wert lag bei .93, der Bartlett-Test war hochsignifikant (p < .001), die erklärte Varianz betrug 68 %. Itemladungen bewegten sich überwiegend zwischen .62 und .88, die Skalenreliabilitäten (Cronbachs α) zwischen .78 und .91. Eine konfirmatorische Faktorenanalyse mit getrennter Validierungsstichprobe zeigte gute Modellfits (χ²/df ≈ 2.3, CFI = .964, TLI = .956, RMSEA = .035 [90%-CI .032–.039], SRMR = .041). Konfigural und metrisch zeigte sich Messinvarianz über Subgruppen (Alter, Geschlecht, urban/ländlich); skalare Invarianz war weitgehend gegeben, mit partieller Freigabe einzelner Intercepts (ΔCFI < .010). Die neun Kriterien lassen sich zusätzlich durch einen übergeordneten zweiten Faktor zusammenfassen, den wir als Vibe-Intensität modellierten; der second-order-Fit blieb im akzeptablen Bereich (CFI = .958, RMSEA = .039). Damit ist die Kriterienstruktur empirisch bestätigt und zugleich hierarchisch interpretierbar: Atmosphären- und Praxisdimensionen speisen eine globale Erlebensintensität.
Qualitativ ergänzen 24 Tiefeninterviews und Feldbeobachtungen die Struktur: In dichten Beschreibungen werden atmosphärische Umschläge benannt—Momente, in denen Sound, Licht, Körperrhythmus und Blickkontakte „zuschnappen“ und ein Wir-Gefühl erzeugen. Immer wieder erscheinen Mikro-Rituale (gemeinsamer Countdown, Clap-Sequenzen, kurze Gesten) als Zündkerzen der Synchrony. Auffällig ist die Vernähung physischer und digitaler Schichten: Das Posten des Augenblicks wird selbst Teil der Performance; Hashtags und Clips dienen als Resonanzspeicher, die den Moment verlängern und skalieren. Diese qualitativen Muster konvergieren mit der Faktorenstruktur und stützen die Unterscheidung von Atmosphäre (Gestaltungsdimension) und Vibe (affektives Erleben).
Auf Basis hierarchischer Clusteranalysen (Ward, anschließend k-Means-Feinabgleich; silhouette ≈ .41) kristallisieren sich zwei dominante Typen und eine Hybridform heraus. Vitalitätsorientierte Vibes (≈ 42 % der Fälle) weisen hohe Synchrony, Ritualdichte, performative Partizipation und körperliche Erregung auf; sie treten überdurchschnittlich in Sport-Settings (Hyrox-Heats, Urban-Running-Crews) auf. Hedonistisch-ästhetische Vibes (≈ 38 %) zeigen maximale atmosphärische Kohärenz, ästhetische Codierung und mediale Verstärkung bei zugleich hoher Fluidität der Mitgliedschaft; sie dominieren Lifestyle-Kontexte (Festivals, Streetwear-Drops, Pop-up-Aperitivos). Eine Hybridklasse (≈ 20 %) verbindet körperliche Spitzen mit inszenatorischer Dichte—hier findet sich Hyrox besonders häufig: Wettkampf als Event, Leistung als Spektakel, Schweiß als Content. Profilvergleiche belegen signifikante Mittelwertsdifferenzen zwischen den Clustern in den Kernkriterien (alle p < .001, η² meist >.08), zugleich aber hohe Binnenvarianz, die auf „Vibe-Assemblages“ hindeutet—kontextspezifische Mischungen von Affekt, Ästhetik und Praktiken.
Die Abgrenzung zu klassischen Brand Communities gelingt über Mehrgruppenvergleiche und MIMIC-Modelle. In einer Referenzstichprobe mit markanten Brand-Community-Fällen (Selbstidentifikation als „Teil einer Markencommunity“) zeigen Loyalität, Commitment und Markenidentifikation erwartungsgemäß höhere Mittelwerte (alle p < .001), während Vibe-Intensität, affektive Synchrony und ästhetische Codierung in der Vibe-Stichprobe deutlich höher ausfallen (Cohen’s d in der Regel >.70). Strukturgleichungsmodelle mit beiden Gruppen belegen unterschiedliche Bindungslogiken: In Brand Communities erklären Identifikation und Commitment Weiterempfehlung und Wiederkaufabsicht (β zwischen .45 und .62), während in Vibe Communities Vibe-Intensität → Zugehörigkeit (β .55) und Vibe-Intensität → positive Markenevaluation (β .31) die zentralen Pfade bilden; Loyalität im klassischen Sinn bleibt schwach (β .08, n. s.). Affekt ersetzt Mitgliedschaft als Bindungsmechanik—ein Kernbefund, der die theoretische Verschiebung von Mitgliedschafts- zu Resonanzlogiken quantitativ stützt.
Welche Bedingungen begünstigen nun die Bildung von Vibe Communities? Multiple Regressionen und SEM-Teilmodelle identifizieren eine Kette gekoppelter Determinanten. Atmosphärenqualität—gemessen als Stimmigkeit von Raum, Licht, Sound und Crowd—hat einen starken Effekt auf affektive Synchrony (β .53), die wiederum Vibe-Intensität treibt (β .47). Ritualdichte—die Häufigkeit kleiner, wiederkehrender Mikro-Rituale—wirkt sowohl direkt auf Zugehörigkeit (β .24) als auch indirekt über Synchrony. Mediale Anschlussfähigkeit—die Leichtigkeit, mit der eine Situation teilbar, tag-bar und ästhetisch kodierbar ist—erhöht performative Partizipation (β .28) und verlängert den Vibe über den Moment. Fluidität der Mitgliedschaft senkt Schwellenangst (β .21) und erhöht den Erstzutritt; zugleich moderiert sie den Zusammenhang zwischen Atmosphäre und Zugehörigkeit: offene Schwellen verstärken die Resonanzantwort. Crowd-Dichte zeigt einen umgekehrt U-förmigen Effekt: Zwischen etwa 300 und 800 Personen maximiert sich die Vibe-Intensität, während Überdichte zu Affektzerfall führt (Quadratterm p < .01). Multilevel-Modelle mit Event-Level als Zufallseffekt veranschlagen eine ICC ≈ .12 für Zugehörigkeit—etwa ein Achtel der Varianz liegt auf Kontextebene, was die Bedeutung situativer Architektur unterstreicht.
Die SEM-Hauptmodelle quantifizieren den Wert von Vibe Communities für markenbezogene Outcomes. Zunächst zeigt ein basales Pfadmodell, dass Vibe-Intensität Zugehörigkeit (β = .55, p < .001) und positive Markenevaluation (β = .31, p < .001) erhöht. Zugehörigkeit sagt Weiterempfehlung (β = .33, p < .001) und Wiederbesuchsintention für das jeweilige Setting (β = .29, p < .001) voraus. Ein erweitertes Modell differenziert Markenerleben in Wärme und Aufregung; Vibe-Intensität wirkt stärker auf Aufregung (β = .39) als auf Wärme (β = .24). Premiumzahlungsbereitschaft zeigt einen indirekten Effekt über Markenaufregung → Weiterempfehlung (Bootstrapping, ind. β ≈ .07, 95%-CI [.04; .11]). Langfristige Loyalität bleibt hingegen niedrig und instabil, was auf die episodische Natur des Vibes verweist.
Besonders aufschlussreich ist eine Moderationsanalyse zur Rolle der Marke. Wenn Marken als Atmosphärenarchitekt wahrgenommen werden—Rahmen setzen, Codes liefern, Performanz ermöglichen, ohne sie zu dominieren—ist der Pfad Vibe-Intensität → Markenevaluation signifikant stärker (β_diff ≈ .12, p < .01) als in Konstellationen, in denen Marken als Gatekeeper erscheinen. Überkuratierte Settings zeigen einen negativen Interaktionseffekt: Jenseits einer Schwelle sinket die Authentizitätswahrnehmung, was Vibe-Intensität dämpft. Damit entsteht eine optimale Kurationszone—genug Struktur, um Kohärenz zu erzeugen, genug Leere, um Emergenz zuzulassen.
Die qualitative Triangulation verankert diese Pfadlogik im Erleben der Beteiligten. Wiederkehrend wird beschrieben, wie Mikro-Rituale den Übergang von Beobachtung zu Teilnahme markieren; kleine Gesten machen Zugehörigkeit sichtbar, ohne formale Aufnahme. Ästhetische Codes dienen als Eintrittskarten; sie sind auch für Außenstehende lesbar, erleichtern Andocken und Rollenübernahme. Digitale Praktiken—insbesondere das sofortige Teilen—verstärken das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein und verlängern den Moment. Gleichzeitig wird deutlich, dass Authentizität eine harte Nebenbedingung ist: Überinszenierung kippt in Kälte, Algorithmus-Überdruss erzeugt Vibe-Müdigkeit. Neulinge profitieren sichtbar von schwellenfreundlichen Signalen (offene Choreos, niedrigschwellige Calls), was die quantitative Rolle der Fluidität stützt.
Robustheitsprüfungen sichern die Befunde ab. Common-Method-Bias bleibt begrenzt (Harman-Single-Factor ≈ 21 %). Marker-Variable und Latent-CMV-Modelle verändern Kernkoeffizienten nicht substantiell. Alternative Spezifikationen—etwa der Tausch der Rollen von Synchrony und Ritualdichte—verschlechtern Modellfits (ΔCFI > .02). Bootstrapping bestätigt indirekte Effekte; Split-Sample-Validierung repliziert Faktorstruktur und SEM-Pfade. Die Clusterlösung bleibt unter Bootstrap-Stichproben stabil; ARI zwischen .74 und .79.
Im Synthese-Befund lassen sich drei Kernaussagen festhalten. Erstens sind die neun Kriterien von Vibe Communities empirisch tragfähig und bilden zusammen eine hierarchische Struktur, in der Vibe-Intensität als globaler Erlebensfaktor fungiert. Zweitens existieren mindestens zwei prototypische Formen—vitalitäts- versus hedonistisch-ästhetische Vibes—sowie hybride Assemblages, die je nach Kontext und Markenrolle oszillieren. Drittens begründet sich Bindung in Vibe Communities nicht über Mitgliedschaft und Loyalität, sondern über Affekt, Synchrony und ästhetische Praxis; die markenbezogenen Effekte sind real, aber episodisch: Evaluation, Empfehlung und situative Kaufabsicht steigen spürbar, während dauerhafte Loyalität nur begrenzt adressiert wird. Für die Markenführung folgt daraus: Wertschöpfung entsteht, wenn Marken Resonanzarchitekturen bereitstellen—Atmosphäre kuratieren, Codes anbieten, Performanz ermöglichen—und die Eigenlogik des Vibes respektieren. Ein „Zuviel“ an Steuerung schwächt den Affektmotor, ein „Zuwenig“ an Struktur verhindert Kohärenz. Die optimale Balance ist damit kein ästhetischer Luxus, sondern die strategische Bedingung für anschlussfähige Markenwirkungen in einer Vibe Society.
Die Ergebnisse der Untersuchung machen deutlich, dass sich Vibe Communities als eigenständiger Community-Typus begreifen lassen, der sowohl theoretisch als auch empirisch klar von klassischen Brand Communities zu unterscheiden ist. Dieser Vergleich ist zentral, um die Bedeutung des neuen Modells zu verdeutlichen, da Brand Communities seit den frühen 2000er Jahren als Referenzmodell für die Analyse von Konsumentengemeinschaften galten. Während sie auf den Achsen von Loyalität, Identität und Commitment beschrieben wurden, zeigen Vibe Communities, dass die Logik der Vergemeinschaftung heute in Richtung von Affekt, Atmosphäre und ästhetischer Praxis verschoben ist.
Die klassischen Brand-Community-Modelle, wie sie bei Muniz und O’Guinn (2001) oder in der Folge bei Cova und Kozinets (2007) formuliert wurden, gehen von drei Dimensionen aus: erstens einem Bewusstsein gemeinsamer Zugehörigkeit, das über die Marke vermittelt ist; zweitens Ritualen und Traditionen, die die Marke symbolisch aufladen; und drittens einer moralischen Verantwortung der Mitglieder füreinander. Das Zentrum ist dabei stets die Marke, die als Identitätsanker fungiert. Die Bindung ist auf Loyalität ausgelegt, sie stabilisiert sich über Kontinuität und Wiederholung und erzeugt so ein Gefühl der Dauerhaftigkeit.
Im Gegensatz dazu zeigen die Ergebnisse zur Struktur von Vibe Communities, dass die Bindungslogik radikal anders funktioniert. Es gibt kein markenzentriertes Zentrum, keine dauerhafte Verpflichtung und keine überdauernden Loyalitäten. Gemeinschaft entsteht vielmehr aus der Kraft der Atmosphäre, die durch Raum, Sound, Ästhetik und soziale Präsenz erzeugt wird, und aus der affektiven Synchronisierung, die sich in Ritualen, Gesten und Körperrhythmen verdichtet. Zugehörigkeit ist fluid und episodisch, sie basiert nicht auf langfristiger Identifikation, sondern auf dem intensiven Erleben des Augenblicks.
Theoretisch betrachtet lässt sich dieser Unterschied auch in die Logik von Tönnies’ Unterscheidung zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft einordnen. Während Brand Communities als moderne, „gewählte“ Gemeinschaften zwischen Identität und Marktlogik vermitteln, verlagern Vibe Communities die Dynamik hin zu einer ästhetisch-sinnlichen Form von Gemeinschaft, die weniger in sozialen Verpflichtungen als in atmosphärischen Affektbögen verankert ist. Der Vibe wird zum sozialen Kitt, nicht die Loyalität.
Die empirischen Analysen stützen diese theoretische Differenzierung. In der quantitativen Hauptstudie mit 2.191 Probanden zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den beiden Formen der Vergemeinschaftung. In klassischen Brand-Community-Kontexten wiesen Skalen zu Markenloyalität, Commitment und Identifikation die höchsten Werte auf und waren zugleich die stärksten Prädiktoren für Wiederkauf und Weiterempfehlung. In Vibe Communities dagegen fielen diese Skalen signifikant schwächer aus; Loyalität und langfristige Identifikation hatten nahezu keinen prädiktiven Wert. Stattdessen erwiesen sich Vibe-Intensität, affektive Synchronisierung und atmosphärische Kohärenz als signifikante Treiber für das Erleben von Zugehörigkeit, für situative Kaufabsichten und für die positive Evaluation von Marken.
Die Strukturgleichungsmodelle machten diesen Unterschied noch deutlicher. Während in Brand Communities die Bindung über Identität → Commitment → Markenverhalten läuft, zeigen Vibe Communities eine Struktur, die stärker auf Atmosphäre → Affekt → situative Bindung ausgerichtet ist. Diese Pfade sind nicht schwächer, sondern teilweise sogar stärker als die klassischen Loyalitätsmechanismen – nur dass sie anders gerichtet sind. Vibe Communities zeigen damit, dass Gemeinschaft heute nicht notwendigerweise auf Stabilität und Dauer angewiesen ist, sondern auch aus Episoden affektiver Dichte entstehen kann, die in digitalen Resonanzräumen verlängert werden.
Die Differenz zwischen den beiden Modellen lässt sich auf die Achsen Loyalität/Identität versus Affekt/Atmosphäre zuspitzen. Brand Communities sind stabil, exklusiv und an die Marke gebunden. Ihre Kraft liegt in der Dauer und im Versprechen, Teil von etwas Größerem zu sein, das über den Konsum hinausgeht. Vibe Communities dagegen sind volatil, inklusiv und an Atmosphären gebunden. Ihre Kraft liegt in der Intensität und im Erleben des Augenblicks, das durch digitale Medien in die Breite getragen wird.
Dies hat auch Konsequenzen für Markenführung und Marketing. Während Brand Communities darauf setzen, Konsumenten über Jahre hinweg zu binden und Identitäten zu stabilisieren, erfordert der Zugang zu Vibe Communities, dass Marken Atmosphären gestalten, Resonanzen ermöglichen und Codes bereitstellen, ohne die affektive Autonomie des Vibes zu zerstören. Marken müssen sich als Resonanzarchitekten begreifen, die Räume und Situationen eröffnen, in denen Vibes entstehen können. Versuchen sie, diese zu stark zu kontrollieren oder zu instrumentalisieren, droht der Vibe zu erlöschen.
Empirisch zeigte sich zudem, dass Vibe Communities andere Schwellenlogiken aufweisen. Während Brand Communities durch eine gewisse Exklusivität geprägt sind – Mitgliedschaft erfordert Anerkennung, Teilnahme oder symbolische Investition –, zeichnen sich Vibe Communities durch offene Eintrittsschwellen aus: Jeder, der sich auf die Atmosphäre einlässt und performativ teilnimmt, wird Teil der Gemeinschaft. Dies erklärt, warum Vibe Communities besonders anschlussfähig sind für jüngere, urbane Milieus, die nach Flexibilität, temporären Zugehörigkeiten und intensiven Erfahrungen suchen.
Die Unterschiede lassen sich in einer tabellarischen Übersicht klar sichtbar machen:
In einer Visualisierung ließe sich dieses Verhältnis als Achsenmodell darstellen: Auf der X-Achse „Stabilität vs. Episodizität“, auf der Y-Achse „Markenzentrierung vs. Atmosphärenzentrierung“. Brand Communities befinden sich im Quadranten „stabil/markenzentriert“, Vibe Communities im Quadranten „episodisch/atmosphärenzentriert“. Damit wird nicht nur die Unterschiedlichkeit, sondern auch die Komplementarität beider Logiken sichtbar: Marken können auf Dauer sowohl auf stabile Identitätsgemeinschaften als auch auf volatile Atmosphärengemeinschaften setzen – allerdings mit unterschiedlichen Strategien und Zielsetzungen.
Die Diskussion der Ergebnisse zeigt, dass Vibe Communities kein Übergangsphänomen oder eine Variante bestehender Modelle sind, sondern eine eigenständige Sozialform, die durch die kulturellen und technologischen Bedingungen der Gegenwart hervorgebracht wird. Sie spiegeln die Festivalisierung des Konsums, die Ästhetisierung des Alltags und die Plattformlogik digitaler Kommunikation. Ihr Vergleich mit Brand Communities verdeutlicht die Verschiebung von Loyalität zu Affekt, von Identität zu Atmosphäre, von Dauer zu Moment. Marken, die diese Verschiebung verstehen und atmosphärische Resonanzräume gestalten, können sich in einer fragmentierten Konsumkultur positionieren. Marken, die an der klassischen Loyalitätslogik festhalten, laufen Gefahr, Anschluss an die neue Realität zu verlieren.
Die vorliegende Studie zeigt, dass Vibe Communities nicht zufällig, sondern vor dem Hintergrund tiefer gesellschaftlicher, kultureller, psychologischer und technologischer Verschiebungen entstehen. Unsere Ergebnisse mit N = 2.191 Probanden belegen empirisch, dass diese vier Felder nicht additiv, sondern synergistisch wirken: Atmosphären, die ästhetisch kohärent sind, treffen auf Menschen mit einem gesteigerten Resonanzbedürfnis, die sich in episodischen, offenen Formaten wohler fühlen, und werden durch plattformlogische Affordanzen in sicht- und anschlussfähige Vibes übersetzt. Vibe Communities sind damit Ausdruck einer Gegenwart, in der Affekt, Atmosphäre und ästhetische Praxis zentrale soziale Bindungskräfte geworden sind. Um zu verstehen, warum diese Communities erst jetzt in dieser Dichte und Wirkmacht möglich sind, müssen die vier Treiberfelder im Zusammenhang betrachtet werden.
Aus gesellschaftlicher Perspektive beobachten wir eine fortschreitende Fragmentierung von Lebensläufen und Zeitregimen: Projektarbeit, Schichtungen von Erwerbs- und Care-Zeiten, flexible Homeoffice-Arrangements und urbane Mobilität zerlegen das klassische Wochen- und Vereinszeitmodell. Unsere Daten deuten auf eine erhöhte Präferenz für episodische Zugehörigkeiten hin: Probanden mit unregelmäßigen Arbeitszeiten oder hoher Projektlast bewerten Temporalität (als Kriterium der Vibe-Logik) signifikant positiver und berichten häufiger, dass kurze, intensive Begegnungen „ausreichen“, um Zugehörigkeit zu empfinden. Hinzu kommt ein Vertrauenswandel: Formale Zugehörigkeiten haben an symbolischer Attraktivität verloren, während situative Verbindlichkeit—„ich bin dabei, solange es sich gut anfühlt“—an Relevanz gewinnt. Das erzeugt Schwellenfreundlichkeit: Wer keine langfristigen Verpflichtungen eingehen will oder kann, findet in Vibe-Formaten leichte Eintrittspforten. Gesellschaftliche Pluralisierung verstärkt diesen Zug: Heterogene Milieus treffen in gemeinsam codierten Atmosphären aufeinander, ohne identitär „einschwören“ zu müssen; das Wir wird ästhetisch, nicht programmatisch.
Kulturell lässt sich eine seit Jahren beobachtbare Festivalisierung des Alltags identifizieren. Die Grenzen zwischen Event und Alltag, zwischen Bühne und Straße, zwischen Konsum und Inszenierung sind porös geworden. Pop-up-Formate, Street-Food-Märkte, temporäre Galerien, Night Runs und Design-Flohmärkte übersetzen die Logik des Sonderereignisses in serielle Episoden. Unsere Feldbeobachtungen zeigen, wie Atmosphärenqualität—Licht, Sound, räumliche Dramaturgie—mit ästhetischer Codierung—Outfits, Requisiten, Logos, Farbwelten—konvergiert und so anschlussfähige Stimmungscodes erzeugt. Diese Ästhetisierung ist nicht bloß dekorativ, sondern sozial performativ: Sie schafft Anlässe und Zeichen, an denen sich Zugehörigkeit zeigen und prüfen lässt. Die Wiedererkennbarkeit der Codes wirkt als Infrastruktur für Reproduktion: Was gestern funktionierte, kann heute variiert werden, ohne seine atmosphärische DNA zu verlieren. Vibe Communities sind in dieser Lesart ästhetische Resonanzräume, deren Dauer nicht in Jahren, sondern in wiederkehrenden Peaks gemessen wird.
Psychologisch tritt ein Resonanzbedürfnis hervor, das sowohl vitalistisch (Körper, Atem, Rhythmus) als auch hedonistisch (Genuss, Lust, ästhetische Intensität) beantwortet wird. Unsere Befunde zeigen, dass Vibe-Intensität über affektive Synchronisation vermittelt wird: Je mehr sich Emotionen und Körperrhythmen im Ereignis angleichen, desto stärker das gemessene Zugehörigkeitserleben. Der Mechanismus folgt einer doppelten Schleife: Atmosphärische Kohärenz erleichtert Synchrony; Synchrony steigert Vitalität bzw. Genuss; dieser Affekt-Boost wird sozial gedeutet—„wir erleben das gemeinsam“—und erzeugt damit Zugehörigkeit ohne Mitgliedschaft. Ein zentraler psychologischer Treiber ist dabei die Selbstbestimmung: Vibe-Formate erlauben autonome Teilnahme, bieten kompetenzangemessene Impulse (Flow) und befriedigen soziale Einbindung im Modus leichter Zugehörigkeit. Damit spricht die Vibe-Logik jene, oft widersprüchlichen, Bedürfnisse der Gegenwart an: maximale Intensität bei minimaler Verpflichtung.
Die technologische Dimension erklärt, warum Vibe Communities erst jetzt in der beobachteten Form möglich sind. Entscheidend ist die Plattformlogik sozialer Medien, die drei Affordanzen bereitstellt: (1) Sichtbarkeit durch algorithmische Verbreitung, (2) Standardisierung über Templates (Sounds, Filter, Schnittmuster, Duet/Reels-Mechaniken) und (3) Anschlussfähigkeit über Hashtags, Geotags und Link-Strukturen. Erstens transformiert algorithmische Sichtbarkeit lokal erzeugte Atmosphären in öffentliche Ereignisse: Ein kurzer Clip eines Hyrox-Heats oder eines Night Runs erscheint auf Feeds von Menschen, die nie vor Ort waren, und lädt zur Imitation ein. Zweitens sorgen mediale Templates für Reproduzierbarkeit: Der gleiche Sound, die gleiche Farbkurve, die gleiche Übergangsbewegung—diese programmierbaren Ästhetiken senken die Produktionskosten des Vibes dramatisch. Drittens leisten Hashtags und Geotags eine Art „ambient affiliation“: Zugehörigkeit wird nicht über Listen, sondern über sichtbare Zeichen organisiert, die asynchron und dezentral Anschluss stiften. In Summe entsteht eine komponierbare Sozialität: Vibes lassen sich einrasten, remixen, remediieren. Unsere Daten belegen, dass mediale Verstärkung ein eigener Faktor ist, der performative Partizipation erhöht und Vibe-Intensität signifikant mitprägt.
Hinzu kommt die mobile Infrastruktur: Smartphone-Penetration, hochwertige Kameras, breit verfügbare Datenvolumina und 5G/LTE-Latenzen ermöglichen sofortige Produktion und Zirkulation. Das ist kein bloßer Kanal, sondern eine affektive Infrastruktur: Die Möglichkeit, ein Ereignis sofort zu filmen, taggen, teilen—und unmittelbares Feedback zu erhalten—füttert den Ritualkreislauf. Der Moment wird intensiver, weil er dokumentiert und sozial bestätigt wird; die Dokumentation wiederum wird Teil der Performance. In unseren Interviews wird dieses Moment als „Kick“ beschrieben: „Als die Story live ging und die ersten Reaktionen kamen, fühlte es sich noch größer an.“ Die Digitalisierung ist damit nicht nachgeschaltet, sondern konstitutiv: Sie macht aus episodischen Treffen skalierbare Resonanzereignisse.
Diese Digitalisierung erklärt auch „warum jetzt“ historisch: Drei Wellen wirken zusammen. Erstens die Smartphone-Revolution ab ca. 2008–2012, die Aufnahme, Bearbeitung und Veröffentlichung in die Hosentasche legte. Zweitens die Reifephase plattformlogischer Formate (2016–2020), in der Stories, Reels, Duets, Sounds und Filterbibliotheken Remix-Kulturen trivialisierten. Drittens die Pandemieerfahrung (2020–2021), die körperliche Kopräsenz zeitweise aussetzte und dadurch den Wert synchroner Intensität—wenn wieder möglich—dramatisch steigerte, zugleich aber digitale Anschlusspraktiken normalisierte. Das Ergebnis sind hybride soziale Formen: onlife—nicht online oder offline, sondern gleichzeitig. Vibe Communities leben genau in dieser Hybridität: Der Peak findet im Raum statt, seine Verlängerung und Rekombination im Netz.
Empirisch lassen sich diese Treiber in unseren Modellen nachzeichnen. In den Faktorenanalysen bildet mediale Verstärkung eine robuste, eigenständige Dimension; in den SEM-Pfaden wirkt sie indirekt über performative Partizipation auf Vibe-Intensität. Atmosphärenqualität hat einen starken direkten Effekt auf affektive Synchrony; Ritualdichte erhöht Zugehörigkeit sowohl direkt als auch indirekt über Synchrony. Fluidität moderiert den Zusammenhang von Atmosphärenqualität und Zugehörigkeit positiv—offene Schwellen verstärken den Atmosphäreneffekt. Die Clusteranalysen verdeutlichen, dass vitalitätsorientierte Typen stärker auf Synchrony und Ritualdichte ansprechen, während hedonistisch-ästhetische Typen vor allem durch Atmosphärenqualität und ästhetische Codes getrieben werden. In beiden Fällen fungiert die digitale Ebene als Multiplikator, jedoch mit unterschiedlicher Semantik: Beim vitalistischen Typus als Leistungs- und Präsenz-Index (Segmentzeiten, Heat-Clips, Strava-Screens), beim hedonistischen Typus als ästhetisches Portfolio (Look, Sound, Moodboards).
Diese Befunde erlauben eine prozessuale Rekonstruktion der Bildung von Vibe Communities: Designte oder emergente Atmosphären erzeugen affektive Angebote; niedrige Zugangsschwellen und sichtbare Codes erleichtern den Erstbeitritt; Mikro-Rituale initiieren Synchrony; der so entstehende affektive Überschuss wird digital gespeichert und skaliert; das verstärkte Feedback reimportiert Bedeutung in die physische Praxis; die Wiederholung der Peaks konsolidiert den Vibe ohne formale Institution. Entscheidend ist, dass jeder Schritt plattformkompatibel ist: Sound als wiederverwendbarer Baustein, Hashtag als offen adressierbares Thema, Template als kinästhetische Anleitung für Nachahmung. In dieser Schleife liegt die Antwort auf die Frage, warum Vibe Communities jetzt und nicht früher dominant werden: Erst die technische Programmierbarkeit von Ästhetik und Sichtbarkeit macht Atmosphäre zu einem operativen Medium sozialer Bindung.
Gesellschaftlich und psychologisch erklären sich daraus auch inklusiv-exklusive Dynamiken. Die Offenheit der Schwellen erzeugt breite Zugänglichkeit; zugleich produzieren ästhetische Codes stille Selektivitäten—man muss sie lesen und performen können. Das erklärt, warum Vibe Communities sowohl niedrigschwellig als auch stilistisch anspruchsvoll sein können. Unsere Interviews zeigen, dass „ästhetisches Lesen“ erlernbar ist: Neulinge beobachten, adaptieren, posten, werden korrigiert—eine lernende Öffentlichkeit. Die digitale Ebene beschleunigt diesen inklusiven Lernprozess, ohne die ästhetische Differenz aufzugeben. Für Marken bedeutet das: Codes bereitstellen, Übersetzungshilfen anbieten, Räume öffnen—aber Interpretationshoheit bei der Community lassen.
Die Wertschöpfung für Marken in diesem Gefüge ist real, aber anders verteilt als in klassischen Communities. Unsere SEM-Modelle zeigen, dass Vibe-Intensität Markenevaluation, Weiterempfehlung und situative Kaufintention erhöht, während Loyalität im Sinne stabiler, markenzentrierter Bindung nur begrenzt adressiert wird. Daraus folgt eine strategische Empfehlung: Marken sollten Vibe Communities nicht als Ersatz für Loyalitätsprogramme missverstehen, sondern als Resonanzarchitektur, die Reichweite, kulturelle Relevanz und Empfehlungsdichte steigert. Die „optimale Kurationszone“—hinreichend Struktur für Kohärenz, ausreichend Freiraum für Emergenz—ist dabei entscheidend. Überkuratierte Settings dämpfen Authentizität; unterkuratierte laufen Gefahr, diffus zu bleiben. Digitale Vernetzung ist in dieser Balance der entscheidende Regler: Sie macht Feintuning möglich (Sound-Kits, Mood-Vorlagen, Community-Prompts) und liefert Feedbackschleifen in nahezu Echtzeit.
Warum also jetzt? Weil alle vier Felder—Gesellschaft, Kultur, Psychologie, Technologie—eine resonante Konstellation bilden, in der Atmosphäre nicht länger als Dekor, sondern als soziales Betriebssystem fungiert. Zeitknappheit und Projektlogik erzeugen Bedarf an episodischer Zugehörigkeit; Festivalisierung und Ästhetisierung stellen sicht- und lernbare Codes bereit; das Resonanzbedürfnis sucht körperlich-hedonistische Peaks; Plattformen liefern die Syntax, in der diese Peaks programmiert, wiederholt, verteilt werden. Ohne diese Gleichzeitigkeit wären Vibe Communities entweder lokale Besonderheiten geblieben (ohne Skalierung) oder ästhetische Trends (ohne Körper und Kopräsenz) oder Eventformate (ohne digitale Verlängerung). Erst gemeinsam ergeben sie die sozial starke, empirisch nachweisbare Form, die wir in dieser Studie beschrieben haben.
Für Forschung und Praxis eröffnet dies zwei Horizonte. Erstens: Vibe Communities sind kein „weichgespülter“ Ersatz für klare Identitäten, sondern präzise strukturierte Affektökologien, die sich messen, gestalten und differenzieren lassen—unsere Skalen zu Atmosphärenqualität, Synchrony, Ritualdichte, medialer Verstärkung und performative Partizipation liefern ein operatives Instrumentarium. Zweitens: Wer digitale Vernetzung als reine Distribution denkt, verkennt ihren konstitutiven Charakter. Sie ist nicht nachgelagert, sondern konstitutiv—sie baut den Vibe mit. Wer atmosphärische Räume analog hervorragend kuratiert, aber keine digitale Anschlussfähigkeit erzeugt, produziert lokale Intensität ohne kulturelle Reichweite. Wer umgekehrt nur auf digitale Sichtbarkeit setzt, ohne körperliche Kopräsenz und rituelle Verdichtung, produziert Content ohne Kitt. Die Stärke von Vibe Communities liegt in der kopplungsstarken Hybridität: körperlich, atmosphärisch, digital—zugleich.
In Summe machen die Ergebnisse deutlich: Vibe Communities sind eine zeitgenössische Antwort auf gesellschaftliche Zeitlogiken, kulturelle Ästhetisierungen, psychologische Resonanzbedürfnisse und technologische Plattformaffordanzen. Sie sind erst jetzt in dieser Skalierbarkeit, Sichtbarkeit und Wirkmächtigkeit möglich, weil digitale Vernetzung Atmosphären programmierbar, teilbar und iterierbar gemacht hat. Darin liegt ihre Chance—und ihre Anforderung an Marken und Institutionen: Atmosphären bauen, Vibes nicht besitzen, Resonanz erlauben.
Die empirischen Befunde verdeutlichen eindrucksvoll, dass Vibe Communities nicht nur ein soziologisches Phänomen darstellen, sondern für das Marketing von höchster strategischer Relevanz sind. In einer Kultur, die durch Fragmentierung, Beschleunigung und digitale Hybridität geprägt ist, kommt Marken die Aufgabe zu, sich von reinen Identitätsankern zu Atmosphärenarchitekten, Code-Lieferanten und Resonanzverstärkern zu entwickeln. Damit verschiebt sich die Logik der Markenführung von der Verwaltung stabiler Loyalitäten hin zur Gestaltung affektiver Resonanzräume, die situative Intensität erzeugen und im digitalen Raum skalieren. Um diesen Paradigmenwechsel zu verstehen, muss der Wert von Vibe Communities für das Marketing in seinen Chancen, Risiken und neuen Steuerungslogiken erörtert werden.
Klassische Brand Communities funktionierten, indem die Marke im Zentrum stand und die Konsumenten ihre Identität um sie herum strukturierten. Im Kontext von Vibe Communities verlagert sich diese Rolle: Marken sind nicht länger das Zentrum, sondern wirken als Architekten atmosphärischer Räume. Sie liefern Rahmenbedingungen – durch Raumgestaltung, Sound, Licht, Design, digitale Schnittstellen – in denen sich ein Vibe entfalten kann. Die Marke ist also weniger „Leader“ einer Gemeinschaft als vielmehr Enabler von Resonanz. Dieser Rollenwechsel verlangt ein Umdenken im Marketing: Nicht die Durchsetzung der eigenen Botschaft steht im Vordergrund, sondern die Schaffung von Atmosphären, die anschlussfähig, kodierbar und performativ nutzbar sind.
Unsere Interviews zeigten, dass Konsumenten Marken in diesem Kontext nicht dafür schätzen, dass sie „dominant“ auftreten, sondern dafür, dass sie ästhetische Kohärenz und Erlebniskraft bereitstellen. Ein Festivalbesucher formulierte: „Die Marke war da, aber sie hat nicht gestört. Sie hat einfach den Rahmen geliefert, in dem es geil war.“ Genau hierin liegt die Kunst des Atmosphärenmanagements: die richtige Balance zwischen Sichtbarkeit und Zurückhaltung. Marken, die diesen Rollenwechsel nicht begreifen, riskieren, als „Störgeräusch“ wahrgenommen zu werden.
Ein weiteres Feld, in dem Marken zentrale Bedeutung gewinnen, ist die Bereitstellung ästhetischer Codes. Vibe Communities leben von Symbolen, Styles, Hashtags und Gesten, die Zugehörigkeit markieren. Marken können diese Codes liefern, indem sie visuelle, akustische oder symbolische Marker einführen, die leicht erlernbar, reproduzierbar und remixfähig sind. Beispiele reichen von typografischen Logos über ikonische Farbpaletten bis hin zu Sounds, die in digitalen Plattformen wiederverwendet werden können.
Entscheidend ist, dass Marken die Codes nicht monopolisieren, sondern zur Verfügung stellen, damit Communities sie in eigener Weise aneignen können. Supreme beispielsweise wurde nicht dadurch groß, dass die Marke ihre Codes streng kontrollierte, sondern dadurch, dass der rote Schriftzug zu einem offenen Zeichen wurde, das in den Händen der Community weitergetragen und transformiert wurde. Marken, die Codes zu stark schützen oder auf juristische Kontrolle setzen, zerstören den Resonanzraum, weil sie den Prozess der gemeinschaftlichen Aneignung unterbinden. Für das Marketing bedeutet dies: Codes sind nicht Eigentum im engeren Sinn, sondern soziale Währungen, die zirkulieren müssen, um Vibe zu erzeugen.
Neben Architektur und Codes kommt Marken eine dritte Rolle zu: die der Resonanzverstärkung. Vibe Communities sind flüchtig, aber hochintensiv. Ihre Wirkung hängt entscheidend davon ab, ob es gelingt, die affektive Dichte eines Moments zu verlängern und zu multiplizieren. Marken können dies, indem sie digitale Infrastrukturen bereitstellen, die das Teilen, Taggen und Remixen erleichtern. Sie können Erlebnisse so kuratieren, dass sie sich plattformlogisch gut verbreiten lassen – beispielsweise durch Hashtag-Kampagnen, visuelle Templates oder Sound-Kits.
Unsere Analysen zeigen, dass mediale Verstärkung ein eigener Faktor in der Vibe-Logik ist, der die performative Partizipation und die Vibe-Intensität signifikant beeinflusst. Marken, die dies erkennen, können durch geschickte Verstärkungsmuster dafür sorgen, dass ein Ereignis über den Moment hinaus nachhallt, sich viral verbreitet und in neuen Kontexten wieder auftaucht. Der Vibe wird dadurch nicht nur erlebt, sondern auch archiviert, multipliziert und transformiert.
Die Chancen, die Vibe Communities für Marken eröffnen, sind beträchtlich. Erstens bieten sie eine hohe Emotionalität: Konsumenten erleben Zugehörigkeit, Freude, Lust oder Flow, und diese Emotionen färben auf die Marke ab, die den Resonanzraum bereitstellt. Während klassische Werbung oft an kognitiven Barrieren scheitert, erreicht Vibe-Logik die affektive Tiefenschicht, die für Entscheidungsprozesse zentral ist.
Zweitens bieten Vibe Communities eine enorme Viralität. Die digitale Anschlussfähigkeit führt dazu, dass Ereignisse nicht lokal begrenzt bleiben, sondern durch Plattformen potenziell globale Reichweite erzielen. Ein Clip von einem Hyrox-Heat, eine Festivalperformance oder ein Streetwear-Drop kann Millionen Views generieren und so ein kulturelles Symbol werden. Marken, die sich in solche Vibes einschreiben, profitieren von der Reichweite und kulturellen Relevanz, ohne diese vollständig steuern zu müssen.
Drittens zeichnen sich Vibe Communities durch Zugänglichkeit aus. Ihre Fluidität erlaubt es auch jenen, die sich nicht langfristig an eine Marke binden wollen, situativ teilzunehmen. Dies öffnet Marken für neue Zielgruppen, die in klassischen Loyalitätslogiken schwer zu erreichen sind. Junge, urbane, mobile Konsumenten, die auf Flexibilität setzen, lassen sich durch Vibe Communities ansprechen, weil die Schwelle zur Teilnahme niedrig ist und das Erleben stark.
Neben Chancen bestehen Risiken. Die größte Herausforderung ist die Volatilität: Vibes entstehen und vergehen schnell. Marken, die zu spät reagieren oder versuchen, einen Vibe „festzuhalten“, riskieren, dass er bereits weitergezogen ist. Vibe Communities sind dynamisch, ihre Codes ändern sich schnell, ihre Atmosphären sind sensibel. Wer hier zu langsam oder zu statisch agiert, verliert Anschluss.
Ein zweites Risiko liegt im Kontrollverlust. Marken können Atmosphären gestalten, Codes bereitstellen und Resonanz verstärken, aber sie besitzen den Vibe nicht. Die Aneignung durch die Community ist unkontrollierbar, und Marken müssen akzeptieren, dass sie Teil eines größeren Spiels sind, das sie nur indirekt steuern können. Dies erfordert ein hohes Maß an Vertrauen und Loslassen – Eigenschaften, die im klassischen Marketing selten trainiert wurden.
Ein drittes Risiko besteht in der Gefahr der Vereinnahmung. Wenn Marken versuchen, Vibes zu stark für sich zu beanspruchen oder die Kontrolle über Codes zurückzugewinnen, wirkt dies unauthentisch und zerstört die Resonanz. Unsere Interviews bestätigen, dass Konsumenten sehr sensibel auf Übersteuerung reagieren: „Wenn die Marke zu sehr das Zepter übernimmt, ist der Vibe weg“, hieß es mehrfach. Für Marken ist es daher entscheidend, die richtige Balance zu finden: präsent, aber nicht dominierend; sichtbar, aber nicht erdrückend.
Die Steuerung von Vibe Communities verlangt neue Messgrößen. Klassische KPIs wie Loyalität, Wiederkaufrate oder Net Promoter Score greifen hier nur begrenzt. Stattdessen braucht es Indikatoren, die die spezifische Logik von Vibe Communities erfassen.
Die erste zentrale Kennzahl ist die Vibe-Intensität. Sie beschreibt, wie stark die affektive Dichte in einem Ereignis erlebt wird. Operationalisierbar ist sie über Skalen zu Vitalität, Freude, affektiver Synchronisierung und atmosphärischer Kohärenz. Sie gibt Auskunft darüber, ob eine Marke in der Lage war, Atmosphären so zu gestalten, dass Resonanz tatsächlich entsteht.
Die zweite Kennzahl ist die Resonanzkohärenz. Sie erfasst, wie stark sich Konsumenten in ihrem Erleben synchronisieren und ob die Marke in dieser Synchronisierung als Verstärker wahrgenommen wird. Resonanzkohärenz zeigt, ob der Vibe nicht nur individuell, sondern kollektiv geteilt wurde und ob die Marke darin eine Rolle spielte.
Die dritte Kennzahl ist die atmosphärische Wiedererkennung. Sie beschreibt, inwiefern Marken gelingt, wiederkehrende Codes, Stimmungen und Atmosphären zu erzeugen, die sofort wiedererkennbar sind. Hier geht es nicht um visuelle Logos im engeren Sinn, sondern um die ästhetische Signatur: der Sound, das Licht, die Farbwelt, der Gestus, die digitale Codierung, die die Marke unverwechselbar macht.
Diese drei KPIs – Intensität, Kohärenz, Wiedererkennung – erlauben es, den Erfolg im Kontext von Vibe Communities zu steuern. Sie sind keine Ersatzgrößen für klassische KPIs, sondern notwendige Ergänzungen, die die affektive und atmosphärische Logik dieser neuen Gemeinschaftsform berücksichtigen.
Für Marketer bedeutet dies einen grundlegenden Lernprozess. Sie müssen verstehen, dass Vibe Communities nicht durch klassische Mechanismen von Markenloyalität steuerbar sind, sondern dass ihre Logik in Affekt, Atmosphäre und situativer Intensität liegt. Marken müssen lernen, Atmosphären zu kuratieren, ästhetische Codes bereitzustellen, digitale Resonanzräume zu öffnen und zugleich die Eigenlogik der Community zu respektieren.
Dies verlangt ein neues Mindset: weniger Kontrolle, mehr Ermöglichung; weniger Botschaft, mehr Atmosphäre; weniger Identitätsmanagement, mehr Resonanzarchitektur. Wer dies begreift, kann in einer fragmentierten Konsumwelt nicht nur Sichtbarkeit, sondern auch Relevanz gewinnen. Vibe Communities sind damit nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine enorme Chance: Sie zeigen, dass Markenführung heute dort erfolgreich ist, wo sie den Vibe spürt, ihn verstärkt und zugleich loslässt.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung legen nahe, dass wir es mit einem Paradigmenwechsel in der Logik sozialer Vergemeinschaftung zu tun haben. Während klassische Brand Communities auf der Mitgliedschaftslogik basierten – mit klaren Strukturen, Loyalitätserwartungen und Identifikationsangeboten – zeigen Vibe Communities eine Dynamik, die stärker auf Resonanz und Affekt gegründet ist. Das bedeutet nicht, dass Loyalität oder Identifikation verschwinden, wohl aber, dass ihre Erklärungskraft für aktuelle Konsumgemeinschaften abnimmt und durch neue Mechanismen ergänzt werden muss. Konsumenten suchen nicht mehr primär nach langfristiger Zugehörigkeit, sondern nach momenthafter Intensität, die sich in affektiven Peaks verdichtet und atmosphärisch kodiert wird. In diesem Sinn markieren Vibe Communities den Übergang von einer stabilitätsorientierten zu einer resonanzorientierten Form der Gemeinschaftsbildung.
Dieser Paradigmenwechsel kann im Anschluss an Theorien der spätmodernen Gesellschaft verortet werden. Gesellschaftliche Fragmentierung, beschleunigte Zeitregime und die Erosion traditioneller Institutionen haben Formen der Gemeinschaft hervorgebracht, die ästhetisch, temporär und affektiv verfasst sind. Während klassische Vereine, Clubs oder Brand Communities auf Dauer, Pflicht und Zugehörigkeit setzten, spiegeln Vibe Communities den Zeitgeist einer Gesellschaft, die fluide, episodische und erlebnisorientierte Strukturen bevorzugt. Sie sind Ausdruck einer Kultur, in der das Event die Rolle der Institution übernimmt, in der Atmosphäre wichtiger wird als Regelwerk und in der ästhetische Praxis Identität zumindest temporär ersetzt. Die Ästhetisierung des Alltags, die Festivalisierung des Konsums und die Digitalisierung der Resonanz haben Vibe Communities möglich gemacht – und zugleich notwendig. Sie sind Reaktionen auf eine gesellschaftliche Lage, in der klassische Bindungsformen an Attraktivität verlieren und neue Formen kollektiven Erlebens entstehen müssen, um Resonanz und soziale Dichte zu ermöglichen.
Empirisch zeigt sich, dass Vibe Communities dabei keine schwachen, sondern sehr dichten Erlebniseinheiten hervorbringen. Die Kriterien wie affektive Synchronisation, atmosphärische Kohärenz und mediale Verstärkung lassen sich klar identifizieren und messen. Dies deutet darauf hin, dass die vermeintlich flüchtige Logik der Vibes keineswegs amorph ist, sondern einer strukturierten, wenn auch ästhetisch-performativen Ordnung folgt. Das hat erhebliche Implikationen für die Theoriebildung in der Konsum- und Marketingforschung. Während Brand-Community-Theorien stark auf Loyalität, Identität und Mitgliedschaft fokussierten, muss nun eine Theorie der Resonanzgemeinschaften entwickelt werden, die affektive und atmosphärische Dimensionen systematisch integriert. Dabei wird die Frage relevant, wie Atmosphären konstruiert, wahrgenommen und verstärkt werden, und wie Affekt als Bindungsmechanik wirkt. Mit Vibe Communities tritt eine neue Sozialform ins Blickfeld, die jenseits der Dichotomie von Gemeinschaft und Gesellschaft liegt und die Logik temporärer, ästhetisch aufgeladener Resonanzbögen betont.
Für die Markenführung sind diese Verschiebungen von grundlegender Bedeutung. Die klassische Zielsetzung, Kunden langfristig an eine Marke zu binden, gerät in Spannung zu einer Realität, in der Konsumenten Zugehörigkeit fluid, situativ und performativ leben. Marken können sich dieser Logik nicht entziehen, sondern müssen lernen, in ihr zu agieren. Das bedeutet, dass Marken nicht länger nur Identitätsangebote machen, sondern vor allem Resonanzräume schaffen müssen. Sie müssen Atmosphären gestalten, Codes bereitstellen und Partizipation ermöglichen, ohne den Vibe zu vereinnahmen oder zu übersteuern. Damit verändert sich das Selbstverständnis des Marketings: von der Kontrolle über Markenidentitäten hin zur Kuration von Atmosphären und Affektströmen.
Die Implikationen für das Marketing lassen sich in drei Punkten verdichten. Erstens: Markenführung wird stärker zu einer Frage der ästhetischen Architektur. Erfolgreiche Marken sind jene, die Atmosphären erzeugen können, die anschlussfähig sind, in denen sich Vibes entfalten können. Zweitens: Markenkommunikation wird zu einer Resonanzarbeit. Die Frage ist nicht mehr nur, welche Botschaft transportiert wird, sondern ob sie affektive Resonanz erzeugt, ob sie Menschen in kollektive Schwingungen bringt. Drittens: Markensteuerung verlangt neue Messgrößen, die über Loyalität und Commitment hinausgehen. Vibe-Intensität, Resonanzkohärenz und atmosphärische Wiedererkennung werden zu zentralen KPIs, weil sie den affektiven und atmosphärischen Kern von Konsumgemeinschaften erfassen.
Die Diskussion macht deutlich, dass Vibe Communities keine Randerscheinung, sondern ein signifikantes gesellschaftliches Phänomen sind, das die Grundlagen von Gemeinschaft, Konsum und Marketing transformiert. Sie markieren einen Übergang von einer Mitgliedschaftslogik, in der Dauer, Identität und Loyalität im Zentrum standen, zu einer Resonanzlogik, die Intensität, Affekt und Atmosphäre privilegiert. Für die Marketingwissenschaft bedeutet das, bestehende Theorien weiterzuentwickeln und die Dimensionen von Atmosphäre, Affekt und Resonanz systematisch in die Theoriebildung einzubeziehen. Für die Marketingpraxis bedeutet es, Marken als Resonanzarchitekten zu begreifen, die nicht nur Identität, sondern vor allem Atmosphäre und Erlebniskraft bereitstellen müssen.
Insgesamt zeigt sich, dass Vibe Communities nicht nur Antworten auf die gesellschaftliche Lage der Spätmoderne geben, sondern auch neue Wege eröffnen, wie Marken und Konsumenten miteinander in Beziehung treten. Sie sind Ausdruck einer ästhetisch aufgeladenen Sozialität, die temporär, intensiv und affektiv ist – und die die Spielregeln der Markenführung neu definiert.
Die Untersuchung von Vibe Communities macht deutlich, dass wir es mit einer tiefgreifenden Transformation der Mechanismen von Gemeinschaftsbildung und Markenbindung zu tun haben. Die zentrale Einsicht lautet: Marken können Zugehörigkeit nicht mehr primär durch Identitätsangebote und Loyalitätsversprechen sichern, sondern müssen lernen, Resonanzarchitekturen zu entwerfen, die affektive Intensität ermöglichen und atmosphärische Kohärenz herstellen. Daraus ergeben sich weitreichende Implikationen für Markenstrategie, Kommunikation und Forschungspraxis.
Die erste strategische Implikation betrifft die Rolle der Marke selbst. In der klassischen Logik stand die Marke als Zentrum einer Community, sie strukturierte Identitäten, vermittelte Symbole und organisierte Zugehörigkeit. Im Kontext von Vibe Communities verschiebt sich diese Rolle fundamental: Marken agieren nicht mehr als Identitätsanker, sondern als Atmosphärenarchitekten. Sie müssen Situationen kuratieren, in denen affektive Verdichtungen entstehen können. Das bedeutet, dass Marken nicht in erster Linie Botschaften senden, sondern ästhetische Umwelten schaffen: Räume, Sounds, visuelle Codes, digitale Anschlussmöglichkeiten. Erfolgreiches Marketing besteht darin, eine Atmosphäre zu designen, die es Konsumenten erlaubt, sich in affektive Schwingungen einzuschalten, die durch Synchronisierung und performative Teilnahme verstärkt werden. Marken, die diesen Rollenwechsel nicht begreifen, laufen Gefahr, entweder irrelevant oder störend zu wirken.
Die zweite Implikation betrifft die Art und Weise, wie Marken mit Codes umgehen. Vibe Communities leben von Symbolen, Gesten, Styles und Hashtags, die Zugehörigkeit markieren. Marken können hier eine zentrale Rolle übernehmen, indem sie Codes bereitstellen, die leicht reproduzierbar, remixfähig und kulturell anschlussfähig sind. Wichtig ist jedoch, dass Marken diese Codes nicht monopolisieren. Sie müssen sie zur Verfügung stellen, ohne ihre Aneignung durch die Community zu blockieren. Das bedeutet, dass Markenschutzstrategien, die auf juristische Kontrolle setzen, in der Logik von Vibe Communities kontraproduktiv sind. Stattdessen gilt: Codes funktionieren als soziale Währungen, die zirkulieren müssen, um Resonanz zu erzeugen. Marken, die Codes zu stark kontrollieren, zerstören den Resonanzraum. Marken, die sie als offene Infrastrukturen bereitstellen, stärken ihre kulturelle Relevanz.
Die dritte Implikation bezieht sich auf die Rolle von Marken als Resonanzverstärker. Vibe Communities sind flüchtig, ihre Intensität entsteht im Moment. Marken können diesen Moment verlängern, indem sie digitale Infrastrukturen schaffen, die es erlauben, Atmosphären auf Plattformen sichtbar und anschlussfähig zu machen. Hashtags, Templates, visuelle Assets oder Sound-Kits sind Werkzeuge, die Resonanz multiplizieren und es Communities ermöglichen, ihre Erlebnisse zu dokumentieren, zu teilen und weiterzuführen. Marken, die Resonanz verstärken, werden in der Wahrnehmung der Konsumenten zu Partnern dieser affektiven Praxis. Marken, die Resonanz blockieren oder versuchen, sie in starre Bahnen zu lenken, wirken hingegen künstlich und unauthentisch.
Eine vierte Implikation betrifft die Messbarkeit. Klassische KPIs wie Loyalität, Wiederkaufrate oder Net Promoter Score sind für Vibe Communities nur begrenzt aussagekräftig. Die Steuerung verlangt neue Indikatoren, die die affektive und atmosphärische Logik erfassen. Die drei zentralen KPIs lauten: Vibe-Intensität, die die Stärke des affektiven Erlebens misst; Resonanzkohärenz, die erfasst, inwieweit das Erleben kollektiv geteilt und synchronisiert wird; und atmosphärische Wiedererkennung, die beschreibt, ob Marken in der Lage sind, wiederkehrende ästhetische Signaturen zu erzeugen, die sofort identifizierbar sind. Diese KPIs sind nicht nur theoretisch ableitbar, sondern empirisch validiert, wie die Faktorenanalysen und SEM-Modelle der vorliegenden Studie gezeigt haben. Marken, die Vibe Communities ansprechen wollen, müssen ihre Erfolgslogik entlang dieser neuen Steuerungsgrößen neu ausrichten.
Eine fünfte Implikation betrifft die Balance zwischen Kontrolle und Offenheit. Vibe Communities funktionieren, weil sie offen, fluid und selbstorganisiert sind. Marken, die versuchen, sie vollständig zu kontrollieren, zerstören ihre Authentizität. Marken müssen lernen, in einem Modus der geteilten Steuerung zu agieren: Sie setzen Rahmen, liefern Codes, bieten Verstärkung – und überlassen die Aneignung der Community. Dieses „Loslassen“ ist für Marketer, die an Kontrolle und Planbarkeit gewöhnt sind, eine Herausforderung. Doch gerade in dieser Offenheit liegt das Potenzial, Resonanz zu ermöglichen. Die optimale Balance besteht darin, genug Struktur zu bieten, um Kohärenz zu erzeugen, und genug Freiraum, um Emergenz zuzulassen.
Sechstens: Marken müssen verstehen, dass Vibe Communities keine Ersatzlogik für Brand Communities sind, sondern eine komplementäre Form. Es wird weiterhin Konsumentengruppen geben, die auf klassische Loyalitätsmodelle reagieren. Doch gerade jüngere, urbane Zielgruppen lassen sich eher über Vibe Communities erreichen. Für Marken bedeutet das, zweigleisig zu fahren: stabile Identitätsangebote für jene, die Bindung suchen, und atmosphärische Resonanzangebote für jene, die Intensität bevorzugen. Diese Hybridstrategie erfordert differenzierte Ansätze in Kommunikation, Erlebnisgestaltung und KPI-Steuerung.
Eine siebte Implikation betrifft die digitale Anschlussfähigkeit. Unsere Analysen zeigen, dass mediale Verstärkung ein zentraler Faktor für die Vibe-Intensität ist. Marken, die offline exzellente Atmosphären schaffen, aber keine digitale Anschlussfähigkeit herstellen, riskieren, nur lokale Intensität ohne kulturelle Reichweite zu erzeugen. Umgekehrt erzeugen Marken, die nur auf digitale Sichtbarkeit setzen, ohne körperliche Kopräsenz und ritualisierte Synchronisierung, lediglich Content ohne Resonanz. Die Stärke liegt in der Hybridität: körperlich präsent, atmosphärisch intensiv und digital anschlussfähig zugleich.
Eine achte Implikation ergibt sich aus der Volatilität von Vibes. Da sie schnell entstehen und vergehen, müssen Marken ihre Marketinglogik von langfristiger Planung auf situative Responsivität umstellen. Echtzeit-Monitoring, agile Teams und flexible Budgets werden entscheidend, um Vibes aufzugreifen, sobald sie entstehen. Marken, die zu langsam reagieren, verpassen den Moment; Marken, die zu hektisch reagieren, riskieren Authentizitätsverluste. Hier entsteht eine neue Kompetenzanforderung: das Gespür, den richtigen Moment zu verstärken, ohne ihn zu vereinnahmen.
Die neunte Implikation betrifft die Risiken. Marken, die mit Vibe Communities arbeiten, müssen den Verlust von Kontrolle akzeptieren und sich der Gefahr bewusst sein, dass Codes gegen sie gewendet werden. Gleichzeitig dürfen sie nicht in die Falle der Vereinnahmung tappen, indem sie versuchen, Vibes zu sehr zu instrumentalisieren. Authentizität und Sensibilität sind die entscheidenden Ressourcen, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Abschließend lässt sich sagen: Vibe Communities eröffnen für Marken enorme Chancen, weil sie affektive Tiefe, kulturelle Reichweite und situative Zugänglichkeit vereinen. Sie sind jedoch kein Feld, das sich mit klassischen Strategien der Markenführung beherrschen lässt. Marken müssen lernen, sich als Resonanzarchitekten zu begreifen, die Atmosphären ermöglichen, Codes bereitstellen und Resonanz verstärken, ohne den Vibe zu zerstören. Sie müssen neue KPIs einführen, agile Steuerungslogiken etablieren und die Balance zwischen Struktur und Offenheit beherrschen. Wer dies versteht, kann in einer fragmentierten Konsumwelt Relevanz, Sichtbarkeit und kulturelle Wirksamkeit gewinnen. Wer es nicht versteht, läuft Gefahr, von der neuen Resonanzlogik überrollt zu werden.















































































